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an ein Taugenichts und so unbändig und versessen auf dumme Streiche aller Art, daß keine Vermahnung mit Furcht und Zittern mehr bei ihm verfing, sondern der Junge täglich bösartiger wurde. Und in der ganzen Nachbarschaft war er so verrufen, daß alle Naberkinder ihm aus dem Wege gingen, und der Schulmeister keinen fand, der bei ihm sitzen wollte. Und dabei fing er schon früh an, erst zu naschen, dann zu prassen, und jeden Schilling, der in seine Hände fiel, den verjubelte er. Und die Gassenjungen sangen von ihm den Spottreim:

„Hans Voß heet he,
Schelmstück weet he,
De he nich weet, de will he lehren,
Huus und Hof will he vertehren.“

Und die ehrlichen Eltern wurmte das, und sie gedachten den Jungen noch schärfer ins Gebet zu nehmen, um zu versuchen, ob sie ihm nicht noch die Liebe zum Guten, zu seinen Eltern und Mitmenschen einbläuen könnten. Und nun droschen sie rechtschaffen auf den Buben; der aber ward immer verstockter und herzenshärter, und lachte der Schläge, die Vater und Mutter weher thaten als ihm, und endlich vergaß er sich so sehr, daß er in seiner Bosheit der Mutter die Zuchtruthe wegnahm und ihr damit einen argen Streich versetzte.

Da aber that der liebe Gott ein Einsehen. Vielleicht wollte er den guten Eltern die Schmach und Schande ersparen, ihren Sohn später am lichten Galgen hängen zu sehen, denn so hoch wollte er hinaus, das war klar. Gott schickte Krankheit, daran verstarb der böse Bube. Und als er begraben war auf dem Doms-Kirchhof, draußen am Reventer, da bemerkte am Abend darnach der Todtengräber, daß etwas wie ein Finger aus dem Grabe hervorragte; am dritten Abend war schon die ganze Hand heraus gewachsen, und es war die rechte Hand. Der Kuhlengräber schüttete ein paar Schaufeln

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_159.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)