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vor des ersten Dom-Pastors Haus, darin hernach der Stadt-Physicus gewohnt. Von solchem Throne herab that er an die Bürger und Einwohner eine schöne Lateinische Anrede, welche ein vornehmer Clericus, der Graf von Kirchberg, verdolmetschte, darin er die Bürger zu Frieden und Eintracht vermahnte und dann allen Andächtigen den Segen ertheilte. Bei solchem Acte dienten ihm als Diaconen der postulirte Erzbischof von Bremen, Christoph, Herzog von Braunschweig, und der Graf von Kirchberg. Herr Raymandus hat in Hamburg seine Sachen wohl verrichtet und alle Händel des Dom-Capitels mit der Stadt geschlichtet; die Clerisei hat er scharf vermahnt, daß sie kein Aergerniß geben sollte und Frieden halten, und die Mönche hat er in den Klöstern heimgesucht und hat bei harter Strafe anbefohlen, daß sie ihren Ordensregeln sollten genau nachkommen, ein heilig Leben und einen erbaulichen Wandel führen.

Uebrigens hat er sich auch Hamburgs Ergötzlichkeiten gefallen lassen lassen, und Speise und Trank haben ihm wohl behagt. Absonderlich hat er dem schönen Biere zugesprochen, das dazumal noch weltberühmt und weit trefflicher gewesen, als heut zu Tage das Bayrische, das man aller Orten findet, grade so wie dazumal das Hamburger Bier in der ganzen Welt getrunken worden ist. Und der Herr Cardinal hat, als er an diesem Biere sich gütlich gethan, ausgerufen: O quam libenter esses vinum, das heißt etwa:

O Bier, wie schmeckst du fein,
Wie gerne wärst du Wein.

Welcher Spruch dann (wie ein alter Historienschreiber beifügt) zumeist die löbliche Brauer-Brüderschaft sehr vergnüget hat, aber auch von E. E. Rath, als Anerkenntniß einer der preiswürdigen Tugenden dieser guten Stadt, mit nicht geringer Gemüthsbewegung vernommen ist, maaßen solch Cardinals-Wort

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_162.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)