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109. Des Gehängten Besuch.
(1661.)

In Wandsbeck wohnte vor zweihundert Jahren ein Tischler (oder wie’s damals hieß: ein Snittger), Hans Meinecke. Zu dem kam als Gesell ein Obersachse, August Hermann Weinrich, aus dem Vogtlande; der war ein Leckermaul, dem die Kost an Meister Meinecke’s Tisch niemals gut genug dünkte. Sonderlich verachtete er die schöne Grütze aus Buchwaitzen oder Haferkorn, mochte sie nicht essen und nannte des Meisters Kinder Grützköpfe, weil sie Morgens, Mittags und Abends damit gefüttert wurden, was zumal die Meisterin empfindlich vermerkte. Also dem Gesellen Weinrich wird mit der magern Kost auch der feine Flecken Wandsbeck und sein Handwerk zuwider, geht auf und davon, läßt sich bei den Soldaten anwerben, zieht in den Krieg, hält sich tapfer, wird Fähndrich und endlich gar Lieutenant. Als aber die Potentaten Frieden machen, da wird er mit vielen Andern abgedanket und seine Herrlichkeit hat ein Ende. Zieht also der Herr Lieutenant wieder gen Hamburg, allwo lose Leute oftmals ihr Brodt finden, treibt dies und das, recht und schlecht, und gelangt endlich von den geraden Wegen auf krumme. Schmiedet also mit seiner Frau, Margaretha Langin, einen arglistigen Plan, daß sie bei einem vornehmen Kaufmann am Kehrwieder, Tylo Baren, als Amme in Dienst gehet, vorgebend, ihr Mann sei im Kriege geblieben, und so er sie besuchet, heißt er ihr Bruder. Da sie nun die Gelegenheit des Hauses genugsam erkundschaftet hat, stehet sie in einer schönen Nacht behutsam auf, lässet ihren Mann ins Haus, packt mit ihm Gold- und Silbersachen, Geld und Geldeswerth zusammen, und nach verrichteter Arbeit gehen Beide mit der Beute auf und davon. Allein dazumal gab’s schon eine treffliche Nachtwache, die man die

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)