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Die Leute ließen das wieder auf sich beruhen, thaten, als sei es eben nichts Besonderes, und kümmerten sich wenig um den Gast, der immer confuser darüber simulirte, was für Einer er wohl eigentlich wäre, wobei er reichlich gestöhnet und still geweinet. Nach einigen ohne alles Verlangen nach Bier oder Wein verbrachten Tagen voll stillen Grams oder lauten Jammers hat er die Leute gebeten: sie möchten doch in die – Straße gehen und nachfragen, ob ein gewisser Bäckermeister R. N. allda wohne und augenblicklich gegenwärtig sei. Und wenn Derjenige zu Hause wäre, dann schwüre er einen theuern Eid, daß dann Gott allein wisse, was für Einer er wäre, – sonst schwebete ihm im Sinne, daß er eben derjenige Bäcker in Person leibhaftig selber sein könnte.

Als nun die Ausgeschickten zurückkommen und ihm melden, jener Bäcker sei seit etlichen Tagen nicht zu Haus gewesen, da kommt er etwas wieder zu Ruhe und verholt sich. Indem aber erscheinen auch die Seinigen und umfassen und begrüßen ihn, wie man einen wiedergefundenen Vermißten begrüßt, und nehmen ihn mit sich nach Hause. Es dauerte dann einige Zeit, ehe der gute Mann den Zusammenhang der Sache völlig begriff; dieselbe aber hatte auf ihn einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er in der That dem Trunke gänzlich entsagte, und sich fortan allewege als ein rechtschaffener Amtsmeister und honnetter Bürger aufgeführet hat. Die Paruque, die dazu so wesentlich beigetragen, hat er nicht wieder abgelegt.


114. Eine unglückliche Liebesgeschichte.
(1695.)

Licentiat Meinssen war ein gescheuter junger Rechtsgelehrter zu Hamburg, angesehen und wohlgelitten bei Jedermann.

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_334.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)