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an der Elbe, unterhalb Ottensen,[1] veranstaltete. Eine auserlesene Gesellschaft von Standespersonen vereinigte dieser Schmaus, dessen Schüsseln zahllos waren. Daß der allzueifrige Wirth Weine anbot, die er gar nicht besaß; daß er im Uebermaaß seiner Sorge, die Hoheiten zu amusiren, sogar die Virtuosen der Tafelmusik und seine Dienerschaft auszankte; daß er schon beim dritten Gange mehr als ziemlich berauscht erschien: das wußten die höflichen Gäste, die seine Art schon kannten, als geringe Verstöße gegen die gute Lebensart bestens zu ignoriren. – Eine ausnehmende Feinheit aber hatte er sich für den vierten Gang ausgedacht, um der Herzogin eine Artigkeit zu erweisen. Diese war unter den anwesenden Damen die einzige mit Diamanten geschmückte, und übrigens etwas corpulent. Das ausbündig galante Compliment bestand nun darin, daß er vor die Herzogin ein gebratenes ungemein feistes Spanferkel stellen ließ, welches mit den Juwelen seiner Frau, mit Ohrgehängen, Halsband und Diadem schönstens geschmückt war.

In demselben Augenblick soll zufällig die Musik eine damals beliebte Arie: „wie lächelt hold dein Ebenbild,“ gespielt haben. Die ganze Gesellschaft, welche bis dahin den statiösen Ernst eines solchen Gastmahls noch ziemlich bewahrt hatte, brach jetzt in ein unaufhaltsames von den Hoheiten abgestimmtes Gelächter aus, dem der gutmüthige Wirth sich gern anschloß, obschon er den Grund nicht begriff. Als aber ein schalkhafter Gast dem Ferkel den Kopf abhieb und denselben, mit allem Geschmeide daran, in die Wohnung der Herzogin zu bringen befahl, – als könne es nur des Wirths Absicht sein, ihr durch Verehrung des Schmuckes seine Devotion zu bezeugen,


  1. Noch vor einigen Jahren als Schlaafs-, gewöhnlich Slavs-Hof bekannt.
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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_353.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)