Seite:De Beneke Hamburgische Geschichten und Sagen 361.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Geld dazu hatte, neben mehreren Schweinen auch einen oder zwei Ochsen in seinem Hause einschlachtete, – eine Zeit, in welcher die Straßen vom Ochsengebrüll wiederhallten, in den Rinnsteinen Ochsenblut floß, fast an jeder Hausthür ein Mastthier hing, und keine andere Gespräche aufkommen konnten, als Ochsengespräche, was die Fremden oft mit Verwunderung erfüllte, – dann war diese „Slachteltied“ für Herrn Balthasar natürlich eine ganz besondere „Högetied.“ Der Kopfschlachter brauchte bei ihm nur die Schweine abzuthun, denn dem riesigen Ochsen den Schlag vor den Kopf zu geben, das ließ Herr Balthasar sich nicht nehmen, und alle Hausgenossen, Freunde und Nachbarn standen dabei, wenn der kräftige Mann das Beil schwang, das er nie zum zweitenmale zu heben brauchte, um das Thier zu fällen, von dem er so gern gewußt, wie ihm dabei zu Muthe sei. Wenn es dann gehäutet, ausgeweidet und gestreckt war, so wurde es üblichermaaßen einige Tage lang auf der Hausdiele an die Wand gehängt. Da prunkte denn das schöne Vieh, Papier-Manchetten an den Füßen, einen weißen Kragen um den Hals, ein Damast-Tuch um die Brust, ausgespannten Bauches, darin ein Brett, worauf ein Humpen Rheinwein, um des Verblichenen Gedächtniß zu feiern. Tannenzweige umkränzten das Ganze und vier Lichter brannten beständig davor. Dann strömte Jung und Alt herbei, um „Herr Balthasar sinen Capital-Ossen“ zu bewundern, hernach aber in der Vorstube eine Herzstärkung einzunehmen. Und Herr Balthasar war so stolz auf sein Werk, daß er’s sich nie versagte, selbst den Erklärer zu machen, weshalb sein Gesinde ihn zu jedem Besuch herbeirufen mußte. Dann erschallte der Köchin Stimme laut durchs Haus: „Wolweisheit! kamen Wohlweisheit mal gau herdal, da is Een, de will’n Ossen sehn!“

Herr Balthasar hatte sich durch thätigen Fleiß zum reichen Mann emporgearbeitet; und auch da sah er immer selbst nach

Empfohlene Zitierweise:
Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_361.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)