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getrennten Platze des Friedhofes durchaus nicht zuwider ist, wirklich intolerant, oder sind nicht vielmehr diejenigen intolerant zu nennen, die den Katholiken das Recht auf katholische Friedhöfe nehmen wollen? Es ist wirklich sonderbar, daß die Protestanten nicht einsehen, welches Armutszeugnis sie sich ausstellen, wenn sie verlangen, unter den Katholiken begraben zu werden, sich also gewissermaßen in die katholische Gemeinschaft eindrängen, zu der sie doch nicht gehören und nicht gehören wollen. Würde jemals ein überzeugungstreuer Katholik verlangen, auf einem konfessionellen, protestantischen Gottesacker mitten unter den Andersgläubigen begraben zu werden?

Die Regierung wußte natürlich ihre Rechtsauffassung den Katholiken aufzuzwingen. Wie unglücklich ihr Vorgehen vom deutsch-nationalen Standpunkte war, ist ganz klar. Daß die katholische Bevölkerung Lothringens durchaus konfessionelle (katholische) Friedhöfe wünscht, beweist die mit vielen tausend Unterschriften versehene Bittschrift, welche die Beibehaltung derselben verlangte. Auch im Landtage wurde über den Fall Fameck verhandelt. Der hauptsächliche Verteidiger des Regierungsstandpunktes, der sogenannte »Sieger von Fameck«, war Daniel Blumenthal, der spätere Landesverräter. Nachdem festgestellt war, daß, in Deutschland wenigstens, die Beerdigung eines Protestanten auf einem geweihten Friedhofe die Vornahme des katholischen kirchlichen Begräbnisses an und für sich nicht verbietet, hob ich um des Friedens willen dieses Verbot für Fameck wieder auf[1].

Aber, so muß man sich fragen, warum hielt die Regierung es für nötig, dem Gesetze ihre eigene Interpretation zu geben und so das

  1. Infolge einer für den Bischof sehr schmerzlichen Indiskretion kam die Nachricht von der Aufhebung des Interdiktes durch das Wolffsche Büro sofort zur Kenntnis der Öffentlichkeit. Als Kaiser Wilhelm bald darauf nach Metz kam, ließ er den Bischof deutlich fühlen, daß er bei ihm in Ungnade gefallen war. Von da an waren auch tatsächlich die Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Bischof, die vorher einen herzlichen Charakter getragen hatten, fast ganz abgebrochen. In seiner Bescheidenheit äußerte sich Bischof Willibrord nie über diese peinlichen Vorgänge.
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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_106.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)