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Dieser in Aussicht genommene Hirtenbrief ist ein so klares Zeugnis des abgeklärten Geistes der Liebe, in dem Bischof Willibrord damals seines hohenpriesterlichen Amtes waltete, daß wir nicht umhin können, hier die Hauptgedanken desselben wiederzugeben.

Der Bischof sagt zunächst, der Krieg sei zwar vorüber, aber ein anderer Krieg sei nun heraufbeschworen. Satan »schürt Haß und Feindschaft unter den Menschen, wohl wissend, daß eine Seele ihm gehört, die sich von solchen Gesinnungen einnehmen und leiten läßt. Zeigt sich nicht auch bei uns die betrübende Erscheinung haßerfüllter Abneigung und unchristlicher Zwietracht? Niemand kann vor dieser offenkundigen Tatsache seine Augen verschließen. Ich gestehe, daß diese Wahrnehmung meine Seele mit tiefstem Schmerze und mit banger Furcht erfüllt. Sehe ich doch das heiligste Gebot Gottes, das Gebot der Liebe, schmählich mißachtet und dadurch die Seelen der größten Gefahr ausgesetzt. Da ich aber Euch alle von Herzen liebe, und da ich die Verantwortung für Eure unsterblichen Seelen trage, so ist es meine heilige Pflicht, meine väterlich mahnende Stimme zu erheben und Euch vor dem Abgrunde des Verderbens zu warnen, in den Haß und Feindschaft stürzen.«

Dann betont der Bischof, daß der göttliche Heiland dieses Gebot der Gottes- und Nächstenliebe als sein Gebot bezeichnet hat und als ein neues Gebot. »Wie wird aber dieses Testament unseres Heilandes jetzt in der Welt erfüllt, wie sein heiligstes Gebot beobachtet? Muß nicht tiefster Schmerz uns erfassen, wenn wir sehen, wie die durch Christi kostbares Blut erkauften, zu derselben Seligkeit berufenen Menschen sich hassen und verfolgen, und wie gottvergessene Hetzer diesen Haß zur Siedehitze steigern? Welches Verdammungsurteil würde diese irregegangene Menschheit aus dem Munde des ewigen Richters vernehmen müssen, wenn sie fortführe, also sein höchstes Gesetz zu verachten? ... Mir will scheinen, als ob eine ansteckende geistige Krankheit die Gemüter befallen und vergiftet habe. Möge dieselbe recht bald weichen und wieder den Gesinnungen wahrer Nächstenliebe Platz machen. Die katholischen Zeitungen

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_207.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)