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meine Seele und gab ihr ein ganz neues Licht. »Was liegt daran«, so sagte etwa der Leiter der geistlichen Übungen, »ob wir durch Angenehmes oder Unangenehmes, durch Freud oder Leid, durch Trost oder Traurigkeit, durch Hoffnung oder Furcht zu Gott gehen«. Dieses Wort »was liegt daran«, verstärkt durch das Beispiel des Sprechers, war für mich wie eine Offenbarung; es lehrte mich, mehr auf das Ziel zu schauen, als auf die Beschaffenheit des Weges. Jedes Widerstreben gegen Kreuz und Leid hörte von jetzt an auf; ich schlug nicht mehr wider den Stachel aus, sondern nahm ihn auf und ließ ihn eindringen, so tief er wollte. Das schmerzte, aber es machte nicht mißmutig oder verstimmt, im Gegenteil die Seele befand sich wohl dabei und befestigte sich in Gott und seinem heiligen Frieden.

Hierin erscheint mir in der Tat das Geheimnis des wahren Glückes auf Erden zu liegen. Das Kreuz begegnet uns überall, wir können ihm nicht ausweichen. Wer es ohne Widerstreben aufnimmt, der fühlt es wohl, aber der Gedanke an Gott, der durch das Leiden in uns und an uns arbeitet, ist lindernder Balsam für das verwundete Herz. So habe ich es an mir selber erfahren. Mehr denn dreißig Jahre sind seitdem vergangen, aber noch immer zehre ich von jener Gnade. Nur selten, und dann nur auf kurze Zeit, ist es einer Schwierigkeit gelungen, mich aus dem seelischen Gleichgewichte zu bringen. Gewiß, ich habe bei den Widerwärtigkeiten nicht immer Gottes Absichten erkannt oder erkennen wollen, so daß ich nicht immer auf sie einging, aber innerlich unglücklich konnten mich auch die schwersten Prüfungen nicht machen, weil ich ihnen keinen Widerstand entgegensetzte. Je aufrichtiger die Ergebung ist in Gottes Fügung umso gesicherter ist auch der wahre Herzensfriede.

So war ich denn gerüstet für die Mission, die meiner wartete. ich verhehlte mir nicht, daß Schwierigkeiten kommen werden, sie traten mir vielmehr recht lebhaft mit den Worten des heiligen Paulus vor die Seele: »Quoniam tribulationes me manent« (Trübsale warten auf mich) Apg. 20, 23.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_48.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)