Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 060.jpg

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Mein erstes und vorläufiges Experiment bestand darin, dasz ich 7 Blätter in ein und dasselbe Gefäsz mit Wasser that und dies langsam bis auf eine Temperatur von 43,3°C. (110° F.) erwärmte; ein Blatt wurde herausgenommen, sobald die Temperatur auf 26,6°C. (80° F.) gestiegen war, ein anderes bei 29,4°C. (85°F.), ein anderes bei 32,2°C. (90°F.) und so fort. Jedes Blatt wurde, nachdem es herausgenommen war, in Wasser von der Temperatur meines Zimmers gethan, und bald wurden die Tentakeln bei allen unbedeutend, wenn auch unregelmäszig eingebogen. Sie wurden nun aus dem kalten Wasser entfernt und in feuchter Luft gehalten, während Stückchen Fleisch auf ihre Scheiben gebracht worden waren. Das Blatt, welches der Temperatur von 43,3°C. (110°F.) ausgesetzt worden war, wurde in 15 Minuten stark eingebogen, und in 2 Stunden umfaszte jeder einzelne Tentakel dicht das Fleisch. Dasselbe trat, wenn gleich nach etwas längerem Intervallen, mit den andern sechs Blättern ein. Es geht daher hieraus augenscheinlich hervor, dasz das warme Bad ihre Empfindlichkeit bei einer Reizung mit Fleisch erhöht hatte.

Ich beobachtete nun zunächst den Grad der Einbiegung, welche Blätter innerhalb bestimmter Zeiten erlitten, während sie immer noch in warmes Wasser eingetaucht blieben, welches so nahe als möglich auf derselben Temperatur gehalten wurde; ich will aber hier wie in andern Fällen nur einige wenige der von mir angestellten Versuche anführen. Ein Blatt wurde 10 Minuten lang in Wasser von 37,7°C. (100° F.) gelassen, es trat aber keine Einbiegung ein. Bei einem zweiten, in derselben Weise behandelten Blatte wurden indessen einige wenige seiner äuszeren Tentakeln in 6 Minuten sehr unbedeutend eingebogen, und in 10 Minuten trat bei mehreren eine unregelmäszige aber nicht starke Einbiegung ein. Ein drittes in Wasser von 40,5°—41,1°C. (105°—106° F.) gehaltenes Blatt wurde in 6 Minuten sehr mäszig eingebogen. Ein weiteres in Wasser von 43,3°C. (110° F.) gelassenes Blatt war in 4 Minuten etwas, und in Zeit von 6 zu 7 Minuten beträchtlich eingebogen.

Drei Blätter wurden in Wasser gelegt, welches ziemlich schnell erhitzt wurde; zu der Zeit nun, wo die Temperatur auf 46,1° bis 46,6°C. (115°—116° F.) gestiegen war, waren alle drei eingebogen. Ich entfernte dann die Lampe und in wenig Minuten war jeder einzelne Tentakel dicht eingebogen. Das Protoplasma innerhalb der Zellen war nicht getödtet, denn es war in deutlicher Bewegung zu sehen; auch breiteten sich die Blätter wieder aus, nachdem sie 20 Stunden lang in kaltem Wasser gelassen worden waren. Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 37,7°C. (100° F.) getaucht, welches auf 48,8°C. (120° F.) erhitzt wurde; sämmtliche Tentakeln, mit Ausnahme der äuszersten randständigen, wurden bald dicht eingebogen. Das Blatt wurde nun in kaltes Wasser gelegt und in 7 Stunden 30 Minuten war es zum Theil und in 10 Stunden vollständig wieder ausgebreitet. Am folgenden Morgen wurde es in eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak gethan, worauf die Drüsen schnell schwarz wurden mit stark ausgesprochener Aggregation in den Tentakeln, wodurch gezeigt wurde, dasz das Protoplasma lebendig war und die Drüsen ihr Absorptionsvermögen nicht verloren hatten. Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 43,3°C. (110° F.) gethan, welches auf 48,8°C. (120° F.) erhitzt wurde; alle Tentakeln, mit Ausnahme eines einzigen,

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_060.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)