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Substanz übersehen haben, welche Drosera entdecken und absorbiren wird. Obschon ferner Faserknorpel nicht eigentlich aufgelöst wird, so wirken doch beide Flüssigkeiten, das Secret der Drosera und der Magensaft, in gleicher Weise auf ihn ein. Doch hätte diese Substanz ebenso wie das von mir benutzte sogenannte Haematin vielleicht unter die unverdaulichen Substanzen classificirt werden sollen.

Dasz der Magensaft mittelst seines Ferments, des Pepsins, nur in Gegenwart einer Säure wirkt, ist ganz sicher ermittelt; und wir haben ausgezeichnete Belege, dasz in dem Secrete der Drosera ein Ferment vorhanden ist, welches gleichfalls nur in Gegenwart einer Säure wirkt; denn wir haben gesehen, dasz, wenn das Secret durch äuszerst kleine Tropfen einer Alkalilösung neutralisirt wird, die Verdauung von Eiweisz vollständig zum Stillstand gebracht wird und dasz sie beim Zusatz einer äuszerst geringen Dose Salzsäure sofort wieder beginnt.

Auf die neun folgenden Substanzen, oder Classen von Substanzen wirkt das Secret der Drosera nicht ein, nämlich auf Epidermoidalgebilde, elastisches Fasergewebe, Mucin, Pepsin, Harnstoff, Chitin, Cellulose, Schieszbaumwolle, Chlorophyll, Stärkmehl, Fette und Öle; ebenso wirkt auch, so viel man weisz, der Magensaft von Thieren nicht auf sie ein. Aber sowohl durch das Drosera-Secret als durch künstlichen Magensaft wurde etwas lösliche Substanz aus dem von mir benutzten Mucin, Pepsin und Chlorophyll ausgezogen.

Die verschiedenen Substanzen, welche von dem Secrete vollständig aufgelöst und hernach von den Drüsen absorbirt werden, afficiren die Blätter ziemlich verschieden. Sie führen Einbiegung mit sehr verschiedener Geschwindigkeit und in sehr verschiedenen Graden herbei; auch bleiben die Tentakeln sehr verschieden lange Zeiträume hindurch eingebogen. Schnelle Einbiegung hängt zum Theil von der Menge der verabreichten Substanz ab, so dasz viele Drüsen gleichzeitig afficirt werden, zum Theil von der Leichtigkeit, mit welcher dieselbe vom Secrete durchdrungen und verflüssigt wird, zum Theil von ihrer Beschaffenheit, hauptsächlich aber von der Gegenwart einer bereits in Lösung befindlichen reizenden Substanz. So wirkt Speichel oder eine schwache Lösung rohen Fleisches viel schneller ein, als selbst eine starke Lösung von Gelatine. Ferner werden Blätter, welche sich nach vorgängiger Absorption von Tropfen einer Lösung von reiner Gelatine oder Hausenblase (die letztere ist die wirksamere von beiden)

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_116.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)