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wieder ausgebreitet haben, wenn ihnen Stückchen Fleisch gegeben werden, viel energischer und schneller sich einbiegen, als sie es vorher thaten, trotzdem dasz meistens etwas Ruhe zwischen zwei Einbiegungsacten nothwendig ist. Wir sehen wahrscheinlich den Einflusz einer Texturänderung, wenn wir beobachten, dasz Gelatin und Globulin, welche durch Liegenlassen im Wasser erweicht sind, schneller wirken, als wenn sie blosz angefeuchtet werden. Es dürfte zum Theil Folge veränderter Textur und zum Theil Folge einer Änderung der chemischen Beschaffenheit sein, dasz Eiweisz, welches eine Zeit lang aufgehoben worden ist, und Leim, welcher der Einwirkung schwacher Salzsäure ausgesetzt gewesen ist, schneller wirken als diese Substanzen im frischen Zustande.

Die Länge der Zeit, während welcher die Tentakeln eingebogen bleiben, hängt zum groszen Theile von der Quantität der den Blättern gegebenen Substanz ab, zum Theil von der Leichtigkeit, mit welcher sie von dem Secrete durchdrungen und angegriffen wird und zum Theil von ihrer eigenthümlichen Beschaffenheit. Die Tentakeln bleiben immer viel länger über groszen Stückchen oder groszen Tropfen als über kleinen Stückchen oder Tropfen eingebogen. Wahrscheinlich spielt die Textur ihre Rolle bei Bestimmung der auszerordentlichen Länge Zeit, während welcher die Tentakeln über den harten Körnern chemisch präparirten Casëins eingebogen bleiben. Die Tentakeln bleiben aber eine gleich lange Zeit über fein gepulvertem, präcipitirtem phosphorsauren Kalk eingebogen; in diesem letztern Falle bietet offenbar der Phosphor den Anziehungspunkt dar, und in dem Fall mit dem Casëin thierische Substanz. Die Blätter bleiben über Insecten lange eingebogen; es ist aber zweifelhaft, in wie weit dies eine Folge des den Insecten durch ihre chitinhaltigen Integumente gewährten Schutzes ist; denn thierische Substanz wird bald aus Insecten ausgezogen (wahrscheinlich durch Exosmose aus ihren Körpern in das dichte umgebende Secret), wie es sich in der sofortigen Einbiegung der Blätter zeigt. Wir sehen den Einflusz der Natur verschiedener Substanzen bei Stückehen Fleisch, Eiweisz und frischem Leim, deren Einwirkung sehr verschieden ist von der gleich groszer Stückchen Gelatine, Zellgewebe und fasriger Grundsubstanz des Knochens. Die ersteren verursachen nicht blosz eine bei weitem schnellere und energischere, sondern auch länger anhaltende Einbiegung als die letzteren. Wir sind daher, wie ich glaube, berechtigt anzunehmen, dasz Gelatine,

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)