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vieler Tentakeln an beiden Blättern gelegt. Nach 36 Minuten wurden mehrere derselben an einem Blatte eingebogen, und nach 1 Stunde erreichten alle Tentakeln, diejenigen mit und die ohne Fleisch, beinahe den Mittelpunkt. An dem andern Blatte fiengen die Drüsen in 1 Stunde 40 Minuten an trocken zu werden, und nach mehreren Stunden war nicht ein einziger Tentakel eingebogen; am nächsten Morgen aber, nach 21 Stunden, waren viele eingebogen, obschon sie bedeutend verletzt zu sein schienen. In diesem und dem vorhergehenden Experiment ist es wegen der Verletzung, welche die Blätter erlitten hatten, zweifelhaft, ob irgend eine anaesthetische Wirkung hervorgebracht worden ist.

Eine dritte Pflanze mit zwei guten Blättern wurde nur 4 Minuten lang in dem Neunzehn-Unzengefäsz dem Dampfe von sechs Tropfen ausgesetzt. Stückchen Fleisch wurden dann auf die Drüsen von sieben Tentakeln an demselben Blatte gelegt. Ein einziger Tentakel bewegte sich nach 1 Stunde 23 Minuten; nach 2 Stunden 3 Minuten waren mehrere eingebogen; und nach 3 Stunden 3 Minuten waren die sämmtlichen sieben Tentakeln mit Fleisch gut eingebogen. Aus der Langsamkeit dieser Bewegungen geht klar hervor, dasz dies Blatt auf einige Zeit für die Wirkung des Fleisches unempfindlich geworden war. Ein zweites Blatt wurde ziemlich verschieden afficirt; Stückchen Fleisch wurden auf die Drüsen von fünf Tentakeln gelegt, von denen drei in 28 Minuten unbedeutend eingebogen waren; nach 1 Stunde 21 Minuten erreichte einer die Mitte, aber die andern zwei waren noch immer nur unbedeutend eingebogen; nach 3 Stunden waren sie viel stärker eingebogen; aber selbst nach 5 Stunden 16 Minuten hatten alle fünf nicht die Mitte erreicht. Obgleich einige der Tentakeln sich bald mäszig zu bewegen begannen, bewegten sie sich doch später mit äuszerster Langsamkeit. Am nächsten Morgen, nach 20 Stunden, waren die meisten Tentakeln an beiden Blättern dicht eingebogen, aber nicht völlig regelmäszig. Nach 48 Stunden erschien keines der beiden Blätter verletzt zu sein, trotzdem die Tentakeln noch immer eingebogen waren; nach 72 Stunden war eines beinahe todt, während das andere im Begriffe war, sich wieder auszubreiten und zu erholen.

Kohlensäure. – Eine Pflanze wurde unter eine 122 Unzen haltende Glasglocke gestellt, welche mit diesem Gas gefüllt war und über Wasser stand; ich hatte aber die Absorption des Gases durch das Wasser nicht hinreichend mit in Rechnung gezogen, so dasz gegen den letzten Theil des Versuches hin etwas Luft eingezogen wurde. Nachdem die Pflanze 2 Stunden lang der Kohlensäure ausgesetzt gewesen war, wurde Sie entfernt und Stückchen rohes Fleisch auf die Drüsen von drei Blättern gelegt. Eines dieser Blätter hieng etwas herab und wurde zuerst theilweise und bald später darauf vollständig vom Wasser bedeckt, welches innerhalb des Gefässes in dem Wasser stieg, als das Gas absorbirt wurde. An diesem letztem Blatte wurden die Tentakeln, denen Fleisch gegeben worden war, in 2 Minuten 30 Secunden, das ist ungefähr in der normalen Geschwindigkeit, ordentlich eingebogen, so dasz ich zu dem irrigen Schlusse kam, die Kohlensäure habe keine Wirkung hervorgebracht, bis ich mich daran erinnerte, dasz ja das Blatt vor dem Gase geschützt gewesen war und vielleicht aus dem Wasser Sauerstoff absorbirt haben

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_200.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)