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allem Anscheine nach eine Folge der Vereinigung von Moleculen von Protoplasma. Nun scheint es keine unwahrscheinliche Ansicht zu sein, dasz dieselbe Neigung, – nämlich die der Molecule sich einander zu nähern, – auch der inneren Oberfläche der Zellwandungen mitgetheilt wird, welche mit dem Protoplasma in Berührung stehen; und ist dies der Fall, so würden sich ihre Molecule einander nähern und die Zellenwandung würde sich zusammenziehen.

Dieser Ansicht kann mit Recht entgegen gehalten werden, dasz, wenn Blätter in verschiedene starke Lösungen eingetaucht oder einer Wärme von über 54,4° C. (130° F.) ausgesetzt werden, Zusammenballung zwar eintritt aber keine Bewegung erfolgt. Ferner verursachen verschiedene Säuren und einige andere Flüssigkeiten rapide Bewegung, aber keine Zusammenballung, oder nur eine solche von abnormer Beschaffenheit, oder nur nach Verlauf langer Zeit; da aber die meisten dieser Flüssigkeiten mehr oder weniger schädlich sind, so dürften sie den Procesz der Zusammenballung durch Verletzung oder Tödtung des Protoplasma unterbrechen oder verhindern. Es besteht auch ein anderer und bedeutungsvollerer Unterschied zwischen den beiden Processen: wenn die Drüsen auf der Scheibe gereizt werden, so senden sie einen Einflusz die umgebenden Tentakeln hinauf, welcher auf die Zellen an der Beugungsstelle wirkt, aber nicht eher Zusammenballung herbeiführt, bis er die Drüsen erreicht hat; diese senden dann einen andern Einflusz zurück, welcher die Zusammenballung des Protoplasma verursacht und zwar zuerst in den oberen und dann in den unteren Zellen.

Das Wiederausstrecken der Tentakeln. – Diese Bewegung ist immer langsam und allmählich. Wenn die Mitte des Blattes gereizt, oder ein Blatt in eine passende Lösung eingetaucht wird, so biegen sich alle Tentakeln direct nach der Mitte zu und später direct von ihr zurück. Wenn aber die Reizungsstelle auf einer Seite der Scheibe liegt, so biegen sich die umgebenden Tentakeln nach ihr hin, und daher mit Bezug auf ihre normale Richtung schräg; wenn sie sich später wieder ausstrecken, so biegen sie sich schräg zurück, so dasz sie ihre ursprüngliche Stellung wieder erlangen. Die von einem gereizten Punkt am weitesten abstehenden Tentakeln, wo sie auch stehen mögen, sind die zuletzt und am wenigsten afficirten, und wahrscheinlich in Folge hiervon sind sie die ersten, welche sich

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_235.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)