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Sachs wiederholt hervorhebt[1], die Embryonen einiger Pflanzen eine Flüssigkeit ab, welche eiweiszartige Substanzen aus dem Endosperm auflöst, obgleich das Endosperm nicht mit dem Embryo verbunden ist, sondern nur mit ihm in Berührung steht. Überdies haben die Pflanzen das Vermögen, eiweiszartige oder proteinartige Substanzen, wie Protoplasma, Chlorophyll, Leim, Aleurone aufzulösen und sie von einem Theil zu andern Theilen ihrer Gewebe fortzuschaffen. Dies musz durch ein Auflösungsmittel bewirkt werden, was wahrscheinlich aus einem Ferment in Verbindung mit einer Säure besteht[2]. Nun wird bei denjenigen Pflanzen, welche fähig sind, bereits lösliche Substanz aus gefangenen Insecten zu absorbiren, wennschon sie keiner wahren Verdauung fähig sind, das eben erwähnte Lösungsmittel, welches gelegentlich in den Drüsen vorhanden sein musz, gern in Verbindung mit dem klebrigen Secrete aus den Drüsen ausschwitzen, insofern ja Endosmose von Exosmose begleitet ist. Wenn eine solche Ausschwitzung je eintritt, wird das Lösungsmittel auf die innerhalb der gefangenen Insecten enthaltenen animalen Substanz einwirken, und dies wird dann ein Act wahrer Verdauung sein. Da nicht bezweifelt werden kann, dasz dieser Procesz für Pflanzen, welche in sehr armem Boden wachsen, von groszem Nutzen sein würde, so wird es danach Streben, durch natürliche Zuchtwahl immer weiter vervollkommnet zu werden. Es könnte daher jede gewöhnliche Pflanze, welche klebrige Drüsen besitzt und damit gelegentlich Insecten fängt, in dieser Weise unter günstigen Umständen in eine Species verwandelt werden, welche das Vermögen wahrer Verdauung besitzt. Es hört daher auf, irgend ein groszes Geheimnis zu sein, wie mehrere, in keiner Weise nahe mit einander verwandte Pflanzen, unabhängig von einander dieses selbe Vermögen erlangt haben.

Da mehrere Pflanzen existiren, deren Drüsen, so viel bis jetzt bekannt ist, animale Substanz nicht verdauen können, aber doch Ammoniaksalze und thierische Flüssigkeiten absorbiren können, so ist

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_327.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl, 1874, p, 688. Wegen der folgenden Thatsachen s. auch p. 57, 63, 678, 679,
  2. Nachdem dieser Satz geschrieben war, habe ich einen Aufsatz von Gorup Besanez erhalten (Berichte der deutschen chem. Gesellschaft, Berlin. 1874, p. 1478), welcher mit Unterstützung des Dr. Will factisch die Entdeckung gemacht hat, dasz die Samen der Wicke ein Ferment enthalten, welches, wenn es mit Glycerin ausgezogen ist, albuminöse Substanzen, so z. B. Fibrin, auflöst und sie in echte Peptone umwandelt.