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Tiefe des eine Insel vom Festlande trennenden Meeres und dem Vorkommen gleicher oder verwandter Säugthier-Arten auf beiden. Hr. Windsor Earl hat einige treffende Beobachtungen in dieser Hinsicht über den grossen Malayischen Archipel gemacht, welcher in der Nähe von Celebes von einem Streifen sehr tiefen Meeres durchschnitten wird, der zwei ganz verschiedene Säugthier-Faunen trennt. Auf der einen Seite desselben liegen die Inseln auf mässig tiefen untermeerischen Bänken und sind von einander nahe verwandten oder ganz identischen Säugthier-Arten bewohnt. Allerdings kommen auch in dieser Insel-Gruppe einige wenige Anomalien vor und ist es in einigen Fällen ziemlich schwer zu beurtheilen, in wie ferne die Verbreitung gewisser Säugthiere durch Naturalisirung von Seiten des Menschen bedingt ist; inzwischen werden die eifrigen Forschungen des Hrn. Wallace bald mehr Licht auf die Naturgeschichte dieser Inseln werfen. Ich habe bisher nicht Zeit gefunden, diesem Gegenstand auch in andern Welt-Gegenden nachzuforschen; so weit ich aber damit gekommen bin, bleiben die Beziehungen sich gleich. Wir sehen Britannien durch einen schmalen Kanal vom Europäischen Festlande getrennt, und die Säugthier-Arten sind auf beiden Seiten die nämlichen. Ähnlich verhält es sich mit vielen nur durch schmale Meerengen von Neuholland geschiedenen Eilanden. Die Westindischen Inseln stehen auf einer fast 1000 Faden tief untergetauchten Bank; und hier finden wir zwar Amerikanische Formen, aber von denen des Festlandes verschiedene Arten und Sippen. Da das Maass der Abänderung überall in gewissem Grade von der Zeit-Dauer abhängt und es eher anzunehmen ist, dass durch seichte Meerengen abgesonderte Inseln länger als die durch tiefe Kanäle geschiedenen mit dem Festlande in Zusammenhang geblieben sind, so vermag man den Grund einer oftmaligen Beziehung zwischen der Tiefe des Meeres und dem Verwandtschafts-Grad einzusehen, der zwischen der Säugthier-Bevölkerung einer Insel und derjenigen des benachbarten Festlandes besteht, eine Beziehung, welche bei Annahme einer selbstständigen Schöpfung jeder Spezies ganz unerklärbar bleibt.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_400.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)