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überhaupt, indem sie sich einen Theil des Charakters des gemeinsamen Urvaters oder eines früheren Gliedes dieser Gruppe erhalten hat. Anderseits besitzt nach Waterhouse’s Bemerkung unter allen Beutelthieren der Phascolomys am meisten Ähnlichkeit, nicht zu einer einzelnen Art, sondern zur ganzen Ordnung der Nager überhaupt. In diesem Falle jedoch ist sehr zu erwarten, dass die Ähnlichkeit nur eine Analogie seye, indem der Phascolomys sich einer Lebens-Weise anpasste, wie sie Nager besitzen. Der ältere DeCandolle hat ziemlich ähnliche Bemerkungen hinsichtlich der allgemeinen Natur der Verwandtschaft zwischen den verschiedenen Pflanzen-Ordnungen gemacht.

     Nach dem Prinzip der Vermehrung und der stufenweisen Divergenz des Charakters der von einem gemeinsamen Ahnen abstammenden Arten in Verbindung mit der erblichen Erhaltung eines Theiles des gemeinsamen Charakters erklären sich die ausserordentlich verwickelten und strahlenförmig auseinander-gehenden Verwandtschaften, wodurch alle Glieder einer Familie oder höheren Gruppe miteinander verkettet werden. Denn der gemeinsame Stammvater einer ganzen Familie von Arten, welche jetzt durch Erlöschung in verschiedene Gruppen und Untergruppen gespalten ist, wird einige seiner Charaktere in verschiedener Art und Abstufung modifizirt allen gemeinsam mitgetheilt haben, und die verschiedenen Arten werden demnach nur durch Verwandtschafts-Linien von verschiedener Länge miteinander verbunden seyn, welche in weit älteren Vorgängern ihren Vereinigungs-Punkt finden, wie es das frühere Bild S. 121[WS 1] darstellt. Wie es schwer ist, die Blutsverwandtschaft zwischen den zahlreichen Angehörigen einer alten adeligen Familie sogar mit Hilfe eines Stammbaums zu zeigen, und fast unmöglich es ohne dieses Hilfsmittel zu thun, so begreift man auch die manchfaltigen Schwierigkeiten, auf welche Naturforscher, ohne die Hilfe einer bildlichen Skizze, stossen, wenn sie die verschiedenen Verwandtschafts-Beziehungen zwischen den vielen lebenden und erloschenen Gliedern einer grossen natürlichen Klasse nachweisen wollen.

     Erlöschen hat, wie wir im vierten Kapitel gesehen, einen grossen Antheil an der Bildung und Erweiterung der Lücken


  1. Im Original S. 115, Bild gehört zur Seite 121 eingeschaltet.
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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_434.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)