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das die Stadt ewige Dauer erhofft hatte und sogar ihren Namen von einem Götterstreit herleiten wollte. So hat er sich denn auch seine Ansichten über Jupiter aus Laktantius gebildet, und Venus ist ihm ganz die üble Teufelin des Mittelalters, wie er ja auch des Tannhäuser in diesem Zusammenhange gedenkt.[1] – Anders klingt es wieder, wenn er von dem geistigen Aufschwung Deutschlands spricht und die Universitäten erwähnt, auf denen neben Theologen, Juristen, Legisten und Artisten auch Redner und Dichter ausgebildet werden.[2] Und wie er in seinem Geschichtsabriß auf Heinrich IV. kommt und findet, daß die italienischen und „gallischen“ Quellen von seiner Frömmigkeit und seiner „Teilnahme an den Kreuzzügen“ garnichts wissen, dagegen bei ihm wie bei seinen Nachfolgern allerlei Schändliches über Bedrückung der Kirche enthalten, da ruft er aus:[3] So schreien und schelten die Italiener gegen die Deutschen und Schwaben und zu all dem schweigen die Deutschen und schelten nicht dawider. Und des ist kein andrer Grund, meine ich, als weil die Deutschen die Redekunst nicht haben und nicht die richtige lateinische Beredsamkeit. Wir müssen wohl stumm sein, weil wir uns schmuckvoll, kurz und wohlredend auszudrücken nicht vermögen oder doch nicht verstehen, weil wir es nicht gelernt haben. Denn auch auf unsern Universitäten ist die Rede- und Dichtkunst ganz unbekannt und das ganze Studieren der jungen Leute geht auf in Schlußformen und leerem Gezänk. Wenn ein Schwabe aufstände, der Redekunst mächtig und in der Dichtkunst gewandt, der könnte wahrlich und wahrhaft die Verleumder der alten Fürsten und Kaiser aus Schwabenstamm widerlegen, die Falschheit der Italiener an den Tag bringen und unsrer Fürsten Taten höher erheben als die der Griechen oder Italiener oder Franzosen.“

Wir werden noch sehen, in einen wie bedeutsamen Zusammenhang sich Fabri mit diesen Worten stellt. –


Trithemius[4] gehört der nächsten Generation an. Obgleich er durch Not und Entbehrungen zum Studium kam und keinen regelmäßigen Bildungsgang durchgemacht hat, sieht man doch an ihm, wieviel leichter es im Jahre 1480 in Deutschland war, ein Humanist zu werden, als dreißig Jahre vorher. Trithemius studiert in Heidelberg, als hier der Humanismus völlig durchgedrungen ist; er wird ein vir trilinguis, der griechisch bei Celtis, hebräisch bei Reuchlin gelernt hat, mit allen humanistischen Größen seiner Zeit steht er in Freundschaft oder Briefwechsel.

  1. [230] 21) l. c. III, 221, 277.
  2. [230] 22) Goldast 21.
  3. [230] 23) Goldast 30.
  4. [230] 24) Die Literatur bei Potthast, Bibliotheca historica medii aevi² 1071–73. Biographisches und gute Auszüge bes. aus den geistlichen Schriften in der Monographie von J. Silbernagl. Die Kritik haben besonders Wolff und Müller gefördert. Für das Chronicon Sponheimense auch Witte, Über die älteren Grafen von Spanheim ZG Oberrheins L, 162 ff. Daneben ungewöhnlich viel Dilettantisches. Eine erschöpfende Biographie wäre eine ebenso schwierige wie dankenswerte Aufgabe.