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Dazu aber reicht das bis jetzt zutage geförderte Material nicht aus. Aber eines wird sich, so scheint mir, sagen lassen: ihren Nährboden haben diese Ideen in dem Verkehr zwischen Celtis und Trithemius in Sponheim gefunden. In den Bücherschätzen des Trithemius trat Celtis zum ersten Male der Reichtum der historischen Überlieferung deutscher Vergangenheit vor Augen, hier sah er die erhaltende Tätigkeit des Mönchtums großartig bewährt. Im Griechischen aber war Trithemius der empfangende, und mit der nicht ganz einwandfreien, damals aber doch seltenen sprachlichen Belehrung des Celtis nahm er auch seine Druidenideen in sich auf. Schon 1495 datiert er einen Brief in domo nostra Druidum Spanhamensi, Wimpfeling weiß 1496 von den druides et flamines in Speier zu reden[1] und bald sehen wir wetteifernd Dalberg, Trithemius und Celtis sich darum bemühen, deutsche Worte im Griechischen wiederzufinden[2]; Trithemius in seinem Sponheimer Wirken erscheint in den Oden des Celtis als der eigentliche Vertreter seines Druidentums.

Aber von diesem Gedankenaustausch sind die beiden Männer zu sehr verschiedenen Werken gelangt, Trithemius zu seinen Klostergeschichten, Celtis zu dem großen Plan der Germania illustrata.

Sie ist ein Plan geblieben, denn Celtis war ein Säemann, kein Ackersmann – was wir uns von dem Werke noch vorstellen können, soll in anderem Zusammenhang erörtert werden –, aber daß von der ausgestreuten Saat so vieles, wenn auch unter anderen Händen, aufging, dafür hat doch Celtis wieder selbst gesorgt durch seine Organisation der wissenschaftlichen Arbeit in den literarischen Sodalitäten.[3]


Das Vorbild bot auch hier Italien, vor allem die römische Akademie unter Pomponio Leto, jenem merkwürdigen Altertümler, der auf seine deutschen Schüler fast noch mehr gewirkt zu haben scheint, wie auf die Italiener.[4] Aber was in Deutschland entstand, war wesentlich anderer Art. War es ein Mangel[5], daß den deutschen Sodalitäten die örtliche Begrenzung, das anerkannte Schulhaupt, die Richtung auf ein bestimmtes Wissensgebiet fehlte, so entsprangen eben daraus auch eigentümliche Vorzüge. Ursprünglich als eine einzige, ganz Deutschland umfassende Gesellschaft gedacht, bleiben die Sodalitäten auch nach ihrer örtlichen Teilung eine Zusammenfassung des humanistisch-literarischen Deutschlands und verkörpern so den neuen Nationalitätsbegriff. Aber auch ihre praktischen Aufgaben sind andere: während in Italien der Gedankenaustausch als der eigentliche


  1. [249] 30) Geiger, Beuchlins Briefwechsel 421, Morneweg, Johann v. Dalberg 182.
  2. [249] 31) Morneweg, Dalberg 305172. Aventin, WW. VI, 136. Für ähnliche Bestrebungen Bebels s. dessen Commentaria epistolarum conficiendarum (Pforzheim 1510) Bl. 141b, vgl. 126.
  3. [249] 32) Hierüber jetzt am besten Bauch, Humanismus in Wien 67 ff.
  4. [249] 33) Eine Aufzählung deutscher Schüler Letos bei Bauch l. c. 673.
  5. [249] 34) Geiger, Renaissance und Humanismus 451.