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Es stimmt zu solchen Anschauungen, wenn Celtis auch den König „Arionistus“ einerseits im Gott Ares und anderseits im „Erchtag“ wiederfindet, schlechter schon, wenn er nun auch seine Schüler, wie er selbst einst getan hatte, griechische Worte zusammensuchen läßt, die deutschen gleichen, er hätte denn zwischen Urverwandtschaft und Lehngut unterscheiden müssen. Aber auch hier bietet ihm Berosus eine genealogische Stütze, und überdies ist er so wenig wie Bebel geneigt, sich durch das „Germani indigenae“ des Tacitus von pangermanischen Völkerverwandtschaftskombinationen abschrecken zu lassen.[1]

So gestaltete sich bei Celtis ein ebenso phantastisches wie großartiges Bild der Anfänge deutscher Geschichte – wir werden es in allen wesentlichen Zügen bei Aventin wiederfinden – und es handelte sich jetzt noch darum, die alten Götter- und Königsgenealogien herabzuführen durch die deutsche Kaiserreihe bis auf Maximilian, und dafür schien sich von andrer Seite her ein Hilfsmittel zu bieten.

In diesen Jahren muß Celtis in die genealogischen Pläne Maximilians hereingezogen worden sein. Die „Böhmenschlacht“ vom 11. September 1504, die in der ganzen Humanistenwelt einen poetischen Wetteifer ohnegleichen entfesselte, wurde auch von Celtis in einer Rhapsodia, d. h. einem allegorischen Schauspiel gefeiert, das 1505 im Druck erschien.[2] Ein angeschlossenes Carmen elegiacum sprach von seinen weiteren Plänen:

Posthac pulchra tuae scribam primordia gentis
Atque atavos, proavos, magnanimumque patrem
Et generis titulos et avitae stemmata terrae:
Quamque vetus tibi sit nobilitatis honos,
Quis puer et primis quo pacto adoleveris annis,
Quid vir vel quidquid gesseris ipse senex.
Tu tantum placidam nobis concede quietem
Atque sodalitium coge coire meum.
Nemo etenim hunc solus poterit complesse laborem,
Ex quo tot sancti commemorantur avi,
Cuinque tibi nullus similis nunc vivit in orbe.
Historiam hanc solus scribere nemo potest.

Nehmen wir noch einen Brief des Celtis von 1504 dazu,[3] aus dem wir von einem Panegyricus in laudem Divorum tutelarium Austriae erfahren, den Celtis verfaßt hatte, so sehen wir ihn an sämtlichen genealogischen Plänen Maximilians beteiligt: die Heiligen des Hauses Österreich, die Stammchronik, dann die Geschichte Friedrichs III. und


  1. [271] 28) Wie Aventin selbst sich hilft, sieht man aus WW. VI, 132: accepit tamen postea Germania et coepit habere tandem suos druidas.
  2. [271] 29) S. den Titel bei Bauch, Humanismus in Wien 1445. Das Carmen auch bei Klüpfel II, 164.
  3. [271] 30) An Augustinus Moravus, Sekretär des Königs von Ungarn, verzeichnet bei Klüpfel II, 157.