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wie sich dem Verfasser Rahmen und Inhalt der Darstellung beständig verändern.

Immerhin lassen sich auch so einige Grundzüge Peutingerscher Arbeitsweise erkennen. Was geschaffen werden soll, ist eine Reihe von Kaiserporträts von Cäsar bis Maximilian, die nicht in breiter historischer Erzählung zu geben sind, sondern die zusammenfassende Kürze einer Gedenkschrift anstreben und deshalb, auch wo dies nicht möglich ist, den Stoff der einzelnen Biographie nicht chronologisch, sondern nach Materien zu ordnen streben. Das sieht man sogleich bei Cäsar, aber dann auch bei Karl dem Großen und Friedrich Barbarossa. Der eigentlichen Biographie folgt ein Abschnitt De uxoribus et filiis, diesem dann bei den Kaisern des Altertums Inscriptiones et Numismata, bei den deutschen sind Urkunden oder Urkundenzeilen vorangesetzt oder nachgestellt.

Es ist diese systematische Verwendung der Urkunden, die Peutingers Werk einen eigenartigen Charakter gibt. Er ist da in seinen Absichten weit über seine Zeit hinausgeschritten, die Ergebnisse sind freilich noch dürftiger, als es hätte sein müssen.

Peutinger hat die Urkunden zunächst benutzt, um die Zeit des Regierungsantritts, der Kaiserkrönung, des Todes der einzelnen Herrscher festzustellen.[1] So korrigiert er nach einer Freisinger Urkunde das Jahr des Regierungsantritts Heinrichs I. aus 920, was auch noch Nauklerus bot, in 918,[2] bei Otto III., wo eine lokale Augsburger Überlieferung[3] als Todesjahr 1011 angab, hat er nach den Urkunden 1001 hergestellt. Daß er beide Male die Zählung der Regierungsjahre unrichtig reduziert hatte, konnte er nicht wissen. Bedenklicher mußte es ihn machen, wenn er in Altaich auf eine Urkunde stieß, in der Heinrich II. schon 1009 imperator heißt.[4] Daß sich die Urkunde ebendadurch als Fälschung erweise, konnte ihm nicht in den Sinn kommen. Er schließt vielmehr, daß Heinrich schon vor seiner Krönung in Rom den Kaisertitel geführt habe, einem Zeitgenossen Maximilians mußte dies ja auch begreiflicher sein, als es etwa der vorigen Generation gewesen wäre, und daß es zu anderen Theorien Peutingers paßt, wird sich zeigen.

Doch in erster Linie hätte es sich für Peutinger darum gehandelt, die Urkunden für die eigentliche Darstellung nutzbar zu machen. Hier nun ist der Umfang des Materials, über das er für die einzelnen Herrscher verfügt, ebenso verschieden, wie die Benutzung. Während er für die Karolinger nicht nur zahlreiche Urkunden, sondern auch die Kapitulariensammlung des Ansegisus und so wichtige Aktenstücke


  1. [292] 42) Es ist wichtig für die Beurteilung seiner Arbeit, daß er diese Untersuchungen, wie Ms. 145 B zeigt, z.T. erst gemacht hat, nachdem die Vitae schon vollendet waren. Vgl. u. Anm. 50.
  2. [292] 43) Es ist DD 28 der Monumentenausgabe.
  3. [292] 44) Nach Peutinger war es eine von Bischof Johann v. Werdenberg 1480 über der angeblichen Grabstätte des Kaisers im alten Chor des Domes gesetzte Tafel, die diese Inschrift trug. Der Grund der Lokalisierung liegt in der Stelle des Hermanus contractus: intestinis Augustae conditis.
  4. [292] 45) Es ist das Spurium DD 516. Er kennt außerdem DD 35, wo ihm auffällt, daß hier Pippin imperator heißt, 79, 229, 404, 505.