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eine Sandsteinplatte das Wappen der Stadt und die Jahreszahl 1854 weisend, eingelassen ist, ragt eine vieleckige, erkerförmige Pechnase vor und die tonnenförmige Wölbung des Thorwegs ist auf der Seite gegen die Stadt zu von einem Fallgatterschlitz und in der Mitte von einem Gussloch durchbrochen.

Aeltere Datirungen sind keine mehr vorhanden und scheint auch der Thorbau keinesfalls in seiner ursprünglichen Gestalt auf uns gekommen zu sein, sondern umgebaut und verändert im 17. und in unserem Jahrhundert. Ebenso verhält es sich wohl mit dem GutgesellenthorGutgesellenthor (Speckthor), das in Quadermauerwerk hochgeführt, jetzt oben mit Zinnen abschliesst und über dem äusseren Thorbogen gleichfalls einen Gusserker besitzt. – Das in ursprünglicher Gestalt heute noch erhaltene Thor ist das WindbruchthorWindbruchthor, auch Bürgerthurm und fälschlich Hagenbachthurm genannt, da es kaum vor 1500 erbaut worden sein dürfte, während Hagenbach bereits 1474 hingerichtet wurde. Der einfache rechteckige Thurmbau mit jetzt der Bossen beraubten Eckquadern, der 1840 erst wieder gedeckt und neu hergerichtet wurde, hat niedere spitzbogige Thore; darüber zwei durch schmale Fensteröffnungen erhellte Geschosse und zeigt unter dem von einem Bogenfries getragenen Dachgesims auf der Seite gegen die Unterstadt in Stein gehauen drei Wappenschilde eingemauert, von denen zwei, das der Stadt Breisach, sowie das Vorderösterreichs, noch zu erkennen sind. (Fig. 6.)

RheinthorDas einzige Thor, das den Charakter und die Ausstattung seiner Erbauungszeit gewahrt hat, ist das Rheinthor.

Das ältere Rheinthor, bereits 1315 als Zugang zu der von den Oesterreichern 1741 zerstörten Jochbrücke erbaut, war vor der jetzigen Gestaltung nach alten Abbildungen ein mehrstöckiges, ziemlich umfangreiches Gebäude, das in der Mitte von einem viereckigen Thurm überragt wurde und gegen den Rhein einen Vorbau besass, der den Brückenthorweg enthielt.

Das heute noch erhaltene Rheinthor ist ein dreistöckiges Gebäude, dessen etwa 30 m lange Stadtfront ziemlich schlicht gehalten und durch einige, wenig vortretende Wandlisenen spärlich gegliedert wird. Dagegen ist die Rheinfaçade in massiven Quadern hochgeführt, reich ausgebildet und mit vielfachem, bildnerischem Schmuck geziert. (Fig. 7.)

Die Gesammtkomposition und Behandlung des Steinmaterials zeigt Anklänge an die Veroneser Festungsthore der Hochrenaissance. Ueber dem kräftig entwickelten Sockel der nach Art der venetianischen Wassersockel nach oben eine ausgesprochene Anziehung hat und durch einen kräftigen Wulst abgeschlossen wird, erhebt sich das über zwei Stockwerke sich ausdehnende Hauptgeschoss, dessen vortretendes Mittelrisalit durch vier Paare dorischer Wandpfeiler gegliedert ist. Zu beiden Seiten dieser Mittelpartie liegen etwas zurück zwei schmale Seitenflügel, die von Eckwandpfeilern abgeschlossen und deren Flächen durch Steinfüllungen belebt werden.

In der Hauptachse des ganzen Bauwerks öffnet sich ein im Halbkreis geschlossenes verhältnissmässig niederes Thor, das von einem Viereck umrahmt wird, in das ursprünglich eine Zugbrücke eingeschlagen werden konnte.

Der obere Abschluss dieser Umrahmung ist ein von Keilsteinen gebildeter wagrechter Entlastungsbogen, über dem sich quer durch die ganze Façade ein nur schwach vortretendes Gurtband hinzieht, welches über dem Portal ein halbkreisförmiges mit dem französischen Lilienwappen geschmücktes Rundbogenfeld trägt und auf den beiden seitlichen Schmalseiten des Mittelbaus je eine längliche schwach vortretende Blendarkade quer

Empfohlene Zitierweise:
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_040.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)