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zum Himmel eingeschlagen. Die seitlichen Zwickel werden von anbetenden, das Weihrauchfass schwingenden Engelsfigürchen ausgefüllt.

Der obere Abschluss, die Westfaçade, erscheint unvollendet. Die Dachgesimse, auch die der Seitenschiffschrägen fehlen, die Aufsätze der Strebepfeiler, die wohl ähnlich denen des Chors ausgebildet werden sollten, mangeln der Bekrönungen und die ganze öde Mauerfläche wird nur von zwei schmalen, wie es scheint, provisorisch zur Erhellung des Dachraums angebrachten Fensterchen durchbrochen.

Das Ganze erweckt den Anschein, als ob irgend welche heute nicht mehr zu bestimmende Vorkommnisse, gleich wie den Weiterausbau des Langhauses, auch hier die ursprünglich geplante Ausführung verhindert und die damalige Bauleitung gezwungen hätten, die Mauern um das Gebäude rasch zu schliessen, möglichst einfach in Hoffnung auf spätere Vervollständigung hochzuführen. Das mag auch der Grund sein, wesswegen statt eines Mauergiebels eine Dachkonstruktion den Abschluss bildet; denn die Nachricht von einem geplanten westlichen Thurmbau ist wohl, wie später noch ausführlich dargethan werden soll, in das Gebiet der Sage zu verweisen.

Zwischen den Strebepfeilern der Westfront stand ehemals unter heute entfernten Oelberg Bogen und Pultdächern ein Oelberg, zu beiden Seiten derartig vertheilt, dass links die Ruhe der Jünger, rechts das Gebet des Herrn und das Eindringen der bewaffneten Schaar in dem Garten dargestellt war. Die von der Familie von Burchard gestifteten bemalten, gothischen Sandsteinfiguren sind auf den Friedhof verbracht worden.

Die Südseite des Westbaues gleicht der Nordfront. Doch fehlt das Portal und der östliche Strebepfeiler ist hier zu einem rechteckigen Treppenthürmchen erweitert, das mit einer spitzen, achteckigen Steinpyramide schliesst und durch ein daneben erbautes, achteckiges Thürmchen mit niederem Steindach und Knauf betreten wird. In beiden, zuerst in dem achtseitigen, dann in dem rechteckigen, führt, beleuchtet durch schlicht profilirte, rechteckige Fensterchen, eine Wendelstiege zum Dachboden empor. (Fig. 10.)

An der zum Treppenthurm erweiterten Strebe finden sich oben auf einem der Quader die Zahlen (1485), wohl das Erbauungsjahr des Westtrakts, eingehauen, und an einer ausgebrochenen Stelle der östlichen Eckkante die Worte

BOMBARDEMENT •

DEN • 4. NOV •

1870 •

Interessant ist der Ostabschluss der Südmauer des Westbaues, der soweit die Restaurationsarbeiten das Charakteristische nicht verwischt haben, deutlichst über dem Seitenschiffdach des Langhauses erkennen lässt, dass eine Weiterführung nach Osten geplant war und zu diesem Zweck Zahnungen angelegt wurden, die zum Anschluss des später zu errichtenden Mauerwerks dienen sollten. – Auch der jetzt zugemauerte Schwibbogen, der die Strebe des Mittelbaues mit derjenigen der Aussenmauer verband und auf dem das seitliche Pultdach aufruht, ist noch sichtbar.

Südliche Langhausmauern Die folgenden Langhausmauern sind wie die der Nordseite völlig verändert und umgebaut. Aus alter Zeit stammen in der Ecke, in welcher Langhaus und Querbau zusammentreffen, die Gewände eines jetzt zugemauerten, einfachen, spitzbogigen Thürchens (im Volksmund Hasenpförtchen genannt) und weiter zwei einfache Konsolen mit völlig verwitterten Darstellungen (Fratzen) auf den etwas geschwungenen Schrägen.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_050.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)