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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Auch unsre Mädchen, ehmals sanft und gut,
was sind sie jetzt? – um ihnen zu gefallen
muß man aufs Knie gestützt, im Mondschein Verse lallen,

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und nur von inrer Qual, von Tod und Dolch, und Blut

mit ihnen sprechen, auch zuweilen,
als wollt man würklich in dem nächsten Teich
sich von den bittern Qualen heilen,
davon mit schnellen Schritten eilen.

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     So sonderbar regierst du jezt dein Reich!

was brachte dich zu diesen närrischen Caprizen?
warum soll ich nicht ungequält genießen!
und so, wie einst in jener goldnen Zeit
der Alzibiades und der Timandern

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von Scherz und wahrer Fröhlichkeit

umflattert, nicht durchs Leben wandern?
warum nicht Lydiens Busen schön,
Glycerens Wange reizend finden?
warum mit Thränen nur der Liebe Kuß erflehn?

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und mich auf immerfort in Chloens Armen binden?
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)