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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

2.
An meine Freunde.
Als Einleitung zu einem kleinen Roman.


Soll steter Ernst des Jünglings Stirne falten,
darf keinen Scherz die Weisheit ihm verzeihn,
wird er verdammt, hängt er an Truggestalten
sein stolzes Herz, ist ihm die Welt zu klein;

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muß in sich selbst die reinste Gluth erkalten,

unangefacht vom Hauch der Schwärmerey;
verdorrt der Keim der schönsten Geistesgaben:
so ist es Fluch, ein fühlend Herz zu haben.

     Dann wehe dir, den inniges Gefühl

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im Jugendrausch um Ruh und Trost betrogen,

mit Ungestüm vom nie gewünschten Ziel
des kalten Glücks der Menschheit abgewogen,
und täuschend dort Genuß dir vorgelogen,
wo doch dein Loos nur zum Entbehren fiel,

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dann wehe dir, und deinem Raupenleben,

was du verlohrst, kann dir kein Gott mehr geben!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)