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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

      Und er berührt der Seele feinste Saiten,
er zittert leis’ in allen Nerven nach,
ihm rinnt noch spät ein milder Thränenbach

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bey dem Gedanken längst entflohner Zeiten,

spät ruft er dann der Jugend Seligkeiten
noch in der Brust des frohen Greises wach,
der sterbend sich die Stirn mit Rosen kränzet,
wenn schon Elysium in seinem Auge glänzet.

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     Dann darf, beym schäumenden Pokal,

Socratenscherz die Abendstunde kürzen,
ein Nymphenkuß bey reinem Göttermahl
Lysiens Purpurtraube würzen,
und eine Grazie bey Linens Silberstrahl

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ihr leicht Gewand herauf zum Tanze schürzen,

bis über uns der Stern der Liebe blinkt,
und uns die Nacht zu höh’rer Wonne winkt.

     So sind auch uns des Lebens goldne Stunden
im innigsten Gefühl, im seligsten Genuß,

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bey Scherz und Spiel, bey Traubenblut und Kuß,

im Arm der Lieb und Freundschaft hingeschwunden,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)