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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

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sterben, oder ihn zu verschonen, und beym väterlichen Heerd ein hohes Alter zu erreichen; und sein Heldenherz erwählte das Erstere. Um seinen Liebhaber Patroklus zu rächen, wollte er nicht bloß für ihn sterben, sondern, da er ihn nicht mehr retten konnte, als sein Rächer ihm folgen. Deswegen haben auch die Götter, über eine solche Treue gegen den Liebenden entzückt, ihn so auszeichnend geehrt. Und in der That ist auch den Göttern nichts so achtungswürdig, als ein solcher Heldenmuth in der Liebe. Noch mehr aber trift ihre Bewunderung, ihr Beyfall, ihre Belohnung, die Zärtlichkeit des Geliebten gegen den Liebenden, als die des Liebenden gegen den Geliebten; denn jener hat an sich schon mehr göttliches, weil er begeistert ist. Deswegen haben sie auch den Achill ganz anders belohnt, als den Orpheus [1], und ihn auf die Inseln der Seeligen


  1. Dem Text gemäß müßte es hier heissen „als die Alceste“. Allein die Alceste war ja auch, nicht die Liebende (δια τον ερωτα, wie es oben heißt, giebt wenigstens keinen Grund dies zu behaupten) sondern die Geliebte, und insofern dem Achill ganz gleich. Warum sollten also die Götter, wenn dies der Grund einer größern Belohnungswürdigkeit war, dem Achill mehr Ehre erwiesen haben, als der Alceste? Offenbar ist also hier von dem Abschreiber entweder eine Verwechselung der Namen geschehen, oder [188] (vergl. Schütz Lect. Plat. P. I) [της Αλκηστιδος], das ein Glossator an seinen Rand geschrieben hatte, unverdienter weise in den Text aufgenommen worden. Ich glaubte mich, der ersteren Conjektur zu folgen, vorzüglich dadurch berechtiget, weil alsdenn dieser Schluß ganz natürlich mit der Wendung übereinstimmt, mit welcher Phädrus oben den Uebergang von Orpheus auf den Achill gemacht hat: „Ganz anders ehrten sie den Achill,“ und die Rede also (wie wir es in diesen Gesprächen öfters finden) eben so schließt, wie sie angefangen hat.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_187.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)