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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

allein hat, und zweytens viel älter, folglich frey von aller Ausgelassenheit, ist. Wen dieser begeistert, der liebt daher auch nur das männliche Geschlecht, als dasjenige, das von Natur mehr Kraft und Geist besizt. Aber nicht alle Liebe zu diesem Geschlechte ist dieses Gottes Werk. Von ihm begeistert ist nicht, wer Knaben liebt. Wen er beseelt, der wird nur Jünglinge lieben, denn nur bey diesen erst zeigen sich Spuren des sich entfaltenden Geistes. [1] Eine feste dauernde Verbindung läßt sich auch nur bey einem Geliebten von reiferem Alter erwarten. Verbindungen mit Geliebten von früheren Jahren können kaum einen andern Zweck haben, als den Geliebten zu hintergehen, im unreiferen Alter ihn anzulocken, um ihn als Jüngling zu verspotten und zu verlassen, und einem andern nachzulaufen. Denn wer kann wissen, wie die Anlagen eines noch unerwachsenen Knaben sich entwickeln werden? ob nicht alle Mühe, die er an ihn wendet, umsonst vergeudet


  1. Der Zusaz: „das ist ungefähr um die Zeit, wenn der Bart hervorbricht;“ der hier im Original steht, gehört gewiß (vergl. Schütz Lect. Plat. P. I.) einem Glossator, dem wir seine scharfsinnige Bemerkung gern allein überlassen wollen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_191.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)