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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Zweyter Aufzug.

Erste Scene.

(Hain des Apoll unweit des leukadischen Felsen.)

Heliodor
(allein.)
Wie find’ ich mich in diesen stillen Schatten
so neu, so anders wieder! Holde Nacht

235
senkt auf den innern lang verblendten Sinn

sich nieder von den dicht belaubten Zweigen,
und tausend schöne Jugendblüthen winden
sich um mein Haupt zum frischen Lebenskranz.
Unfreundlich hat die Welt sie abgestreift,

240
hier blüh’n sie neu in milder Gluth – sie selbst?

Erscheinungen und bleiche Traumgestalten!
Und waren sie denn jemals mehr – wie warm
und innig auch das unerfahrne Herz
ihr lieblich täuschend Flammenbild umfieng?

245
Wo seid ihr hin, ihr Geister meiner Jugend,

die oft aus Morgenträumen mich erwekt,
daß ich dem Lager glühend mich entriß,
und nach dem Schwert des Vaters griff, vom Gold
der Morgensonne flammend, dann voll Muth

250
durch Wald und Flur die Ungeheuer suchte,
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_288.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)