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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Bedeutung nach jedes Machen, Hervorbringen, Schaffen bedeutet, und also viele Arten unter sich begreift. Denn, die Ursache sein, daß etwas, was noch nicht ist, zum Dasein komme, heißt Dichten oder Schaffen. In diesem Sinne begreift das Wort Dichtung auch alle Produkte der Kunst; und man könnte demnach auch jeden, der ein Kunstwerk hervorbringt, einen Dichter nennen.“ – Das ist wahr. – „Gleichwohl werden, wie du weißt, nicht alle Dichter genannt, die etwas schaffen; sondern man nennt sie nach den Gegenständen die sie hervorbringen, bald so, bald anders. Nur eine einzige Art des Schaffens, nämlich die Darstellung gewisser Bilder der Phantasie durch Versifikation und Gesang, hat diesen Gattungsnamen vorzugsweise erhalten. Nur dieses Hervorbringen heißt Dichten, und nur die Schöpfer dieser Klasse heißen Dichter.“ – Auch wahr. – „So verhält sichs nun auch mit dem Wort Liebe. Liebe im allgemeinsten Sinn, diejenige Neigung, welche aller Menschen Herzen beherrscht, ist das Verlangen nach Wohlsein und Glückseligkeit. Die Gegenstände dieser allgemeinen Liebe können aber sehr verschieden sein; bei dem einen ist es Reichthum, bei dem andern körperliche Geschiklichkeit, Ausbildung des Geistes bei einem dritten. Gleichwohl nennt man das Verlangen nach diesen Gegenständen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_344.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)