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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Bilder der Vorwelt darin erregt hatten, er ward zwar etwas ernsthafter, allein seine Seelengüte konnte den süßen, natürlichen Trieb seiner Tochter unmöglich tadeln. Er lockte ihr den Namen des Geliebten ab, und gerieth vor Freuden außer sich, als er Don Rodrigo nennen hörte.

Fioretta erschrack, die Thräne welche noch in ihrem Auge zitterte, hatte ihr einen kleinen optischen Betrug gespielt, sie glaubte ihr Vater zürne, und wäre ohnmächtig hingesunken, wenn der gute Mann sie nicht enthusiastisch an sein Herz gedrückt und ausgerufen hätte: „Rodrigo, den Liebling meiner Seele, den edlen Mannhaften Ritter! Segne dich der ewige Gott für diese Wahl! – Ach Francesco, wo bleibst du? – Nun will ich gerne sterben, meine Kinder sind glücklich!“ – Fioretta dankte ihm nicht mit Worten, sondern mit einem Blicke vor dem sich die Himmel hätten öffnen mögen. Campobello verstand ihn, und drückte das vortrefliche Kind noch inniger an seine Brust. Eine feierliche Stille folgte, unbeschreibliche Wonne hatte sich ihrer Herzen bemächtigt. Endlich lösete sich das Band der Zunge, und der ehrliche Alte sprach mit einer so hinreissenden Beredtsamkeit von seinem Glücke und den Freuden der Zukunft, daß selbst die schüchterne Fioretta zulezt im Dythyrambischem Tone mit einstimmte.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_391.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)