Seite:De Neue Thalia Band3 198.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Aber schon die bloße Anfrage bey der Vernunft ist eine Beeinträchtigung der Natur, die in ihrer eigenen Sache kompetente Richterinn ist, und ihre Aussprüche keiner neuen und auswärtigen Instanz unterworfen sehen will. Jener Willensakt, der die Angelegenheit des Begehrungsvermögens vor das sittliche Forum bringt, ist also im eigentlichen Sinn naturwidrig, weil er das Nothwendige wieder zufällig macht, und Gesetzen der Vernunft die Entscheidung in einer Sache anheim stellt, wo nur Gesetze der Natur sprechen können und auch wirklich gesprochen haben. Denn so wenig die reine Vernunft in ihrer moralischen Gesetzgebung darauf Rücksicht nimmt, wie der Sinn wohl ihre Entscheidungen aufnehmen möchte, eben so wenig richtet sich die Natur in ihrer Gesetzgebung darnach, wie sie es einer reinen Vernunft recht machen möchte. In jeder von beyden gilt eine andre Nothwendigkeit, die aber keine seyn würde, wenn es der einen erlaubt wäre, willkührliche Veränderungen in der andern zu treffen. Daher kann auch der tapferste Geist bey allem Widerstande, den er gegen die Sinnlichkeit ausübt, nicht die Empfindung selbst, nicht die Begierde selbst unterdrücken, sondern ihr bloß den Einfluß auf seine Willensbestimmungen verweigern; entwaffnen kann er den

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)