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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

III.
Ueber Schönheit.
Ein Fragment.
An Ida.


Auf! und heb’ empor vom Erdenthale,
     Meine Ida, heb’ empor den Blick!
Laß den matten Schein vom Schönheitsstrahle
     Hier im Land der Dämmerung zurück.

5
Siehst du nicht im ewig inngen Schimmer

     Hoch Uranien über Sternenglanz? –
     Wahrer Schönheit frischer Blüthenkranz,
Ida, welkt dem Hauch der Zeiten nimmer.

War’s nur dieser Glanz der vollen Rosen,

10
     Den der May auf deine Wange goß,

Nur die Brust, auf welcher Götter kosen,
     Nur das Haar, das wallend niederfloß;
Nur der Wuchs aus Harmonie gewoben
     Und vom Schmuck der Grazien umwallt –

15
     War’s nur diese holde Lichtgestalt

Der mein Herz entgegen sich gehoben?

Nein, o Ida! – Nicht des Busens Wallen
     Nicht der Wange Purpur war’s allein!
Monde wechseln, und die Rosen fallen,

20
     Winter stürmt – entblättert steht der Hain! –
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_231.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)