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Laubblätter oft ganz ausschließlich den Gipfel einnehmen, während die Fortpflanzungsorgane an den Teilen der Pflanzen auftreten, die dem Lichte weniger zugänglich sind, wo sie jedenfalls die ausgiebige Lebensverrichtung der Laubblätter in keiner Weise behindern.“

     Mag man solche botanischen Schlüsse, wie erwähnt, für unsicher halten, zweierlei kann man mit Bestimmtheit aussagen: Diese Flora hat weder im kalten Polarklima noch in dem gemäßigten Klima, das heute an ihren Fundorten herrscht, gelebt, sondern es kann sich nur um tropisches oder subtropisches Klima bei ihr handeln. Und zweitens passen alle Anzeichen vorzüglich zu unserem auf ganz anderem und viel sichererem Wege gefundenen Ergebnis, daß diese Kohlenlager in der äquatorialen Regenzone entstanden sind.

     Die Gegner von Potonié vertreten meist den Standpunkt, es handele sich nicht um tropisches, sondern subtropisches Klima. Als Grund hierfür führte man früher (ich weiß nicht, ob es heute noch jemand tut) die Behauptung ins Feld, daß es in der heutigen äquatorialen Regenzone keine Torfmoore geben solle und auch nicht könne, da sich oberhalb einer bestimmten Temperaturgrenze wegen der in der Wärme schnelleren Zersetzung der Pflanzenteile Torf angeblich nicht mehr bilde. Dieser Gedankengang läßt sich am einfachsten dadurch widerlegen, daß man in neuerer Zeit fast überall in der heutigen äquatorialen Regenzone Torfmoore gefunden hat, insbesondere auf Sumatra, Ceylon, am Tanganjikasee und in Britisch-Guayana. Viele andere sind wohl noch in den Sumpfgebieten des Kongo und Amazonas vorhanden, die man noch nicht kennt, deren Existenz aber durch die teefarbenen „Schwarzwässer“ vieler der dortigen Flüsse sehr wahrscheinlich wird. Es handelt sich also bei diesem Einwand um weiter nichts als einen Irrtum, verursacht durch die Unzugänglichkeit der tropischen Sümpfe und unseren daraus entspringenden bisherigen Mangel an ihrer Kenntnis. Am Karbonäquator wurde freilich die Bildung von Torfmooren besonders begünstigt durch die gleichzeitig einsetzenden Bodenbewegungen der großen karbonischen Faltungen, durch die der natürliche Wasserablauf gestört und Sümpfe in besonders großer Ausdehnung geschaffen wurden.

     Als weiteren Grund für die Annahme subtropischen Klimas hat man angeführt, daß Baumfarne, wie sie in den Karbonkohlen häufig sind, heute weniger in den Tropen als in den Subtropen,

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_146.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)