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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

     Heran, ihr Brüder! Nord und Süden,

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Ob euch des Herrschers Wink geschieden,

Laßt uns Ein Volk von Brüdern sein:
Schließt ja in Schönbunds weiten Auen
Von allen Strömen, allen Gauen
Ein Rasen unsre Brüder ein.

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     Wohl ist der Siegsgesang verklungen,

Ganz anders wird jetzt vorgesungen,
Ganz andre Weisen spielt man vor;
Doch tönt, von Wehmut fortgetragen,
Ein Ton noch aus den bessern Tagen

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Und schlägt an manch empfänglich Ohr.


     Hört ihr auf Frühlings leichten Schwingen
Den alten Ton herüber klingen
Von unsrer Brüder Schlachtgefild’?
Der Einklang ist’s von tausend Tönen,

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Der mächtig in Germanias Söhnen

Zu der Begeistrung Wogen schwillt.


Soldatenliebe.

(Weise: Ich hab’ ein kleines Hüttchen nur etc. etc.)

Steh’ ich in finstrer Mitternacht
So einsam auf der fernen Wacht,
So denk’ ich an mein fernes Lieb,
Ob mir’s auch treu und hold verblieb?

5
     Als ich zur Fahne fort gemüßt,

Hat sie so herzlich mich geküßt,
Mit Bändern meinen Hut geschmückt,
Und weinend mich ans Herz gedrückt!

     Sie liebt mich noch, sie ist mir gut,

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Drum bin ich froh und wohlgemut;

Mein Herz schlägt warm in kalter Nacht,
Wenn es ans treue Lieb gedacht.

     [9] Jetzt bei der Lampe mildem Schein
Gehst du wohl in dein Kämmerlein,

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Und schickst dein Nachtgebet zum Herrn,

Auch für den Liebsten in der Fern’!

     Doch, wenn du traurig bist und weinst,
Mich von Gefahr umrungen meinst –
Sei ruhig, bin in Gottes Hut,

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Er liebt ein treu Soldatenblut.


     Die Glocke schlägt, bald naht die Rund’
Und löst mich ab zu dieser Stund’;
Schlaf wohl im stillen Kämmerlein,
Und denk’ in deinen Träumen mein.


Turnerlust.

(Weise: Es ritt ein Jägersmann etc. etc.)

Was zieht dort unten das Thal entlang,
Eine Schar im weißen Gewand, –
Wie mutig brauset der volle Gesang!
Die Töne sind mir bekannt.

5
Sie singen von Freiheit und Vaterland,

Ich kenne die Scharen im weißen Gewand.
 Hurra! Hurra! Hurra!
 Die Turner ziehen aus.

     Die Turner ziehen ins grünende Feld

10
Hinaus zur männlichen Lust;

Daß Übung kräftig die Glieder stählt,
Mit Mut sich füllet die Brust.
Drum schreiten die Turner das Thal entlang,
Drum tönet ihr mutiger froher Gesang:

15
 Hurra! Hurra! Hurra!

 Du fröhliche Turnerlust!

     O sieh, wie kühn sich der Blick erhebt,
Wenn der Arm den Gegner erfaßt!
Und frei, wie der Aar durch die Lüfte schwebt,

20
Fliegt auf der Turner am Mast;
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 8–9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_027.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)