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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

 1.
Gut gedacht, gut gedacht,
Aller Freud’ ein End’ gemacht!
Gestern Lust und Freud’ genossen,
Heute durch die Brust geschossen,
Morgen in dem kühlen Grab!

 2.
Ach wie bald, ach wie bald
Schwindet Schönheit und Gestalt!
Mancher prahlt mit seinen Wangen,
Die wie Schnee und Rosen prangen; –
Alle Rosen welken bald!

 3.
Verfluchet ist, verfluchet ist
Die Stunde ja zu jeder Frist,
Da ich mich glücklich bei dir träumte,
Die Liebesstunden nie versäumte,
Bis du mir den Liebeskuß dann gabst.

 4.
Weine nicht, weine nicht,
Falsche Seele, weine nicht!
Was helfen mir denn deine Thränen,
Die aus falschem Herzen gehen,
Wo keine Treu’ zu finden ist!

 5.
Dieses ist, dieses ist
Aller Mädchen ihre List:
Viel versprechen, wenig halten,
In der Liebe ganz erkalten,
Bis der Tod vorüber ist.

 6.
Hinweg von mir, hinweg von mir!
Falsche Seele, weg von mir!
Jetzt zerreiß’ ich alle Stricke;
Bei mir find’st du keine Liebe!
Hätt’ ich dich zuvor gekannt!


Es wird schwer zu entscheiden sein, welche von diesen beiden letzten Fassungen die ursprünglichere ist, da bekanntlich die Texte von Volksliedern im Laufe der Zeit und an den verschiedenen Orten immer individuellen Änderungen ausgesetzt sind; dem Hauffschen Liede scheint die letztangeführte Form näher zu liegen, daß diese aber wirklich seine Grundlage war, läßt sich bezweifeln; wahrscheinlicher ist es mir durch den Vergleich der einzelnen Strophen geworden, daß Hauff noch eine andere, zwischen der zweiten und dritten Fassung liegende Wiedergabe gekannt und benutzt habe.



Zu S. 30: Hans Huttens Ende. Hans von Hutten, der Sohn des fränkischen Ritters Ludwig von Hutten und ein entfernter Vetter des Ritters Ulrich von Hutten, lebte als Stallmeister am Hofe des Herzogs Ulrich von Württemberg (1498–1550). 1514 vermählte er sich mit Ursula, der reizenden Tochter des württembergischen Erbmarschalls Konrad Thumb. Herzog Ulrich aber, der mit seiner ihm aufgenötigten Gemahlin oft in Unfrieden lebte, fand bald selbst Wohlgefallen an der Gattin seines Freundes Hutten. Da plauderte dieser aus, der Herzog habe ihn auf den Knieen gebeten, „Ursula liebhaben zu dürfen, denn er könne, wolle und möge es nicht lassen.“ Darüber ergrimmte der stolze Herzog gewaltig gegen Hutten und leugnete aufs entschiedenste, vor irgend jemand niedergekniet zu sein. Ludwig von Hutten suchte [439] beim Herzog vergeblich um Urlaub für seinen Sohn nach, um ihn aus dieser drückenden Lage zu befreien. Da machte Ulrich am 7. Mai 1515 mit Hans einen Jagdritt in den Böblinger Wald, schickte dort seine Begleiter voraus, wandte sich gegen Hans von Hutten, hielt ihm seine treulosen Reden vor und jagte dann den fast Wehrlosen und vergebens um Gnade Flehenden etliche Male um eine Hecke, bis jener, aus mehreren Wunden blutend, tot niedersank. Dann schlang Ulrich dem Leichnam einen Gürtel um den Hals, befestigte letzteren an einem Schwerte und stieß dieses neben dem Haupte des Getöteten in die Erde, gleich als habe er einen Urteilsspruch der heiligen Feme vollstreckt, denn diese strafte gewöhnlich mit dem Tod des Hängens an einem Baum, an den ein Messer gesteckt wurde. Die Ermordung dieses Edelmannes aber wurde für den Herzog verhängnisvoll, indem ihm sofort 18 Ritter ihren Dienst aufsagten und Ulrich von Hutten mit scharfer Feder gegen ihn schrieb.

In späteren Zeiten suchte man übrigens die Schuld des Herzogs dadurch zu verringern, daß man Hansen ein ehebrecherisches Verhältnis mit der Herzogin andichtete und die zornige Blutthat des Herzogs darauf zurückführte, daß man sagte, er habe seinen eigenen Trauring an Hansens Finger gesehen. Was also Hauff hier besingt, ist eine Fabel späterer Jahrhunderte.



Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 438–439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_242.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)