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Seine reizende, überraschende Situationen, seine wahre Charakterzeichnung, seine lebendige Sprache, die Herz, Gemüt und alle Sinne bezaubert – wer sollte sie nicht kennen; wir finden ihn ganz auch in diesem Buche wieder, ja wir möchten, wenn es möglich wäre, behaupten, er habe hier sich selbst übertroffen.“

Claurens Weise war zu beliebt, als daß eine solche Anpreisung nicht auch sofort eine lebhafte Nachfrage nach diesem neuesten Werke zur Folge gehabt hätte, aber natürlich auch sofort die Entrüstung des Mannes, der sich hier in seinem Interesse geschädigt sah und nun mit aller Energie gegen diesen Mißbrauch seines Schriftstellernamens und seiner Popularität vorging. Zunächst erschien in Nr. 258 der „Abendzeitung“ vom 28. Oktober 1825 folgende „Warnung vor Betrug“:

„Das bei Fr. Franckh in Stuttgart unter dem Titel der ‚Mann im Mond etc.‘ in zwei Teilen soeben erschienene Werk ist von dem durch sein Taschenbuch ‚Vergißmeinnicht‘ und andere schöngeistige Schriften, unter den Anagramm seines Namens bekannten Geh. Hofrate Carl Heun nicht verfaßt. Dies für Buchhandlungen, Leihbibliotheken und Kauflustige zur Nachricht und Warnung.“

Diese sonderbare Zeitungsnotiz stiftete nun erst recht Verwirrung unter den Lesern des Romans; ein Werk, das so ganz Clauren war und noch dazu das beste, was man bisher von diesem gelesen hatte, sollte nun doch nicht von ihm selbst stammen; man wußte wirklich nicht, was man davon halten sollte, obgleich ja eigentlich diese „Warnung“ deutlich genug war. Doch bald kam mehr Licht in dies rätselhafte Dunkel. Der Herr Geh. Hofrat Heun fühlte sich in dieser Karikatur seiner Muse doch gar zu sehr gekränkt, als daß er es bei der einfachen Erklärung, er sei nicht der Verfasser, hätte bewenden lassen können. Er verklagte daher den Verleger des „Mannes im Mond“ und warf ihm vor, seinen Namen widerrechtlich benutzt und zum Zwecke einer niedrigen Spekulation mißbraucht, ihn selbst aber dadurch wesentlich geschädigt zu haben. So lächerlich diese Anklage an und für sich war, so fand sie doch Gehör vor den schwäbischen Gerichten und wurde in einem mit großer Spitzfindigkeit geführten Prozesse, den Hauff selbst mit köstlichem Humor im zweiten Teile der Satansmemoiren schildert, zu gunsten des Berliner Hofrats entschieden. Nun immerhin, Hauff konnte diese Niederlage leicht verschmerzen, hatten doch inzwischen Publikum und der bessere und gerechtere Teil der Kritik für ihn entschieden. Doch hören wir diese selbst.

Am 9. Dezember 1825 schreibt das „Morgenblatt“ in seiner „Litterarischen Beilage“ Nr. 94 folgendes:

[7] „Ein namhafter Belletrist, durch welchen Referent die erste Nachricht von dem rätselhaften Mondbewohner erhielt, bezeichnete denselben als das Beste, was der berühmte H. Clauren bisher geschrieben. Dies Urteil ward ihm von mehreren Seiten her bestätigt, und als er das Buch selbst in die Hand nahm, fand er in der That alle die bekannten Reize Claurens, den leichten Tanzschritt seiner Prosa, die naive Koketterie seines Dialogs, das durchsichtige Negligee seiner Porträts nicht nur wieder, sondern übertroffen. Nur etwas fiel ihm auf, nämlich, daß Clauren sich selbst sollte übertroffen haben – daß Clauren in einem ihm ganz unnatürlichen Humor in eine Selbstpersiflage verfällt und am Schluß des Werkes sich als komischer Familienvater mitten unter seine salomonischen Weiber versetzt – daß ferner einige schwäbische Sprachformen im Buche stehen, die originell sind – daß endlich, wenn Clauren wirklich nicht der Verfasser sein sollte, ein anderer Sterblicher ihn so lebendig aus dem Spiegel gestohlen haben könnte.

Aus dem Labyrinth dieser Rätsel wurden wir endlich erlöst durch den offenen Zeitungsbericht des Berliner H. Clauren – und durch die Privatnachricht, daß der wahre Verfasser Dr. Wilhelm Hauff von Stuttgart sei … Da erkannte denn männiglich, daß der ‚Mann im Mond‘ nichts als die feinste Persiflage jener Manier Claurens sei …“

Diese äußere Seite des Romans schildert in ähnlicher Weise der „Mitarbeiter Nr. 119“ des Leipziger „Litterarischen Konversationsblattes“ vom 12. Dezember 1825 in Nr. 285 folgendermaßen:

„… Kaum hatte ich begonnen, von dem scherwenzelnden Hofrat Berner u. s. w. zu lesen, da kam die harmlose ‚Leipziger Zeitung‘ u. a. und warnten vor dem ‚Mann im Mond‘ als einem untergeschobenen Wechselbalge. Aber mögen sie warnen, mich machen sie nicht irre. Der ‚Mann im Mond‘, so behaupte ich, ist ein echtes und wahres Claurensches Produkt, und wer dies nicht glauben will, der lese und überzeuge sich …

Aber es ist nicht von ihm, sagen jene Anzeigen. Möglich, daß es nicht von seiner Hand ist, doch von seinem Geiste ist es, und das wird ja wohl genug für die geistreichen Verehrer dieses Geistes sein … Gestehen wir, die Ironie in dieser Adoption ist sehr ergötzlich.“

Von dieser Ironie aber haben sich, wie es scheint, auch die Herren Kritiker in ihren Besprechungen anstecken lassen, wie das die beiden vorstehenden zeigten und nicht minder eine dritte in derselben Nummer des „Litteratischen Konversationsblattes“ von 1825 erschienene, wie die letztangeführte. Der „Mitarbeiter Nr. 60“ sagt hier:

„… Vor dem Buche selbst, wir gestehen es, graute uns. Wir sind leider weder Kammerkätzchen noch Unteroffizier u. s. w., es steht also

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 6–7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_006.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)