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„Gekauft?“ preßte die Gräfin zwischen den Zähnen, die sie ganz verbissen hatte, heraus, „gek–“

„Denken Sie sich, gekauft um dreimalhunderttausend Thaler und ihnen geschenkt; ob man etwas Tolleres hören kann?“

„Das fehlte noch!“ knirschte die Gräfin und rauschte weiter.



Präliminarien.

Indessen war Ida glücklich, selig zwischen dem Geliebten und dem Oheim. Dieser Oheim, sie hatte sich ihn als einen grämlichen, alten Herrn vorgestellt; dieser war es, der hie und da in Gedanken ihr Glück noch gestört hatte. Sie wußte ja, wie Emil an ihm hing, wie es ihn betrüben würde, wenn jener sein Verhältnis zu Ida ungünstig aufnähme. Und jetzt, nein, sie wußte sich nicht zu fassen vor lauter Seligkeit. Der freundliche, gütige Ladenstein hatte sich wie durch einen Zauberschlag in die gestrenge Exzellenz, den Minister Grafen von Martiniz, verwandelt, und doch blieb er so freundlich, väterlich, traulich wie zuvor; sie wußte nicht, wem von beiden sie das nette, lustige Amorettenköpfchen zuwenden sollte, sie lachte und tollte, gab verkehrte Antworten und schnepperte, wie ihr das Schnäbelchen gewachsen war. Es war das glückseligste Kind, die holdeste, vollendetste Jungfrau und das lieblichste, anmutigste Bräutchen unter der Sonne in einer Person.

Einer der Glücklichsten im Saal war aber Hofrat Berner. Heute abend erst war er zurückgekommen, hatte sich nur schnell in die Toilette geworfen und schnurstracks zu Präsidents, und das erste war, als er in den Salon trat, daß er hörte, wie der Präsident seine Kinder präsentierte; er hätte mögen aus der Haut fahren vor teilnehmendem Jubel seines alten treuen Herzens. „Das ist mein Werk“, lächelte er vor sich hin, „ganz allein mein Werk; es konnte nicht anders gehen, nachdem es einmal eingefädelt war.“ Aber wie riß er die Augen auf, als er von einer Gräfin Aarstein, von einem alten Grafen Martiniz, welche auch hier seien, hörte. „Nun, da muß es was Tüchtiges gesetzt haben“, dachte er, „das beste wird sein, ich frage Idchen selbst.“

[207] Das Brautpaar empfing ihn mit Jubel, und Martiniz stellte ihn sogleich dem alten Grafen vor, denn er hatte ihm viel von diesem alten Freund und Ratgeber ihrer Liebe erzählt. Ida gestand ihm, daß sie ihn oft schmerzlich vermißt habe; auch Martiniz äußerte dies und versprach, ihm alles sobald als möglich zu erzählen.

„Lassen wir die Brautleutchen, alter Freund“, unterbrach Graf Martiniz seinen Neffen, indem er den Hofrat am Arm nahm und mit sich fortzog; „lassen wir sie; uns Alten liegt es ob, für das Glück der Jungen zu sorgen. Man hat mir gesagt, daß Sie, lieber Hofrat, sich so trefflich darauf verstünden, ein Festchen zu arrangieren. Ich war in früheren Jahren einmal Oberhofmeister, das fügt sich nun ganz vortrefflich. Da wollen wir nun, wir zwei, beide miteinander etwas zusammenschustern, wie man es hier zu Land noch nicht sah.“

Der Hofrat war es zufrieden, und der Graf machte ihm jetzt seine Vorschläge. Morgens sollten sie getraut werden. „Nicht zu Haus, das kann ich für meinen Tod nicht leiden, die Hauskopulationen reißen jetzt so ein, daß sie fast zur Mode werden, als wäre eine vornehme Ehe nicht dieselbe wie eine geringe; als wäre der Altar Gottes nicht für alle und jeden; aber der Fluch kommt gewöhnlich bald nach. Hat man sich in den gewöhnlichen Zimmern, wo man sonst tollte und lachte, wo man, sobald der Altar weggeräumt ist, tafelt und tanzt, hat man sich da trauen lassen, so kommt einem auch das neue Verhältnis so ganz gewöhnlich vor, daß man bald davor keine Ehrfurcht mehr hat.“ – Also in der Kirche; nachher sollten die Gäste hinausfahren nach Blauenstein.

Der Hofrat machte große Augen, und als er hörte, daß dies die neue Besitzung des lieben Pärchens sei und daß Groß-Lanzau auch noch dazu gehöre, er hätte, wenn es sich nur halbwegs geschickt hätte, ein paar Kapriolen in die Luft gemacht – nach Blauenstein, dort mußte das Schloß festlich geschmückt sein und zu essen, was man nur Feines und Gutes haben kann, nachher – die beiden Alten sahen sich an, und beiden zuckte der kleine, sarkastische Schelm um den Mund, denn beiden fiel ein, daß sie

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 206–207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_106.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)