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Endlich. Warum müßte es blos ein Denkmal seyn, das mit seiner Inschrift zusammengenommen, die natürlichen Theile des Epigramms gäbe? Mich dünkt, ein Denkmal, zumal der Kunst, spreche am vollkommensten durch sich selbst und bedürfe keiner Inschrift als einer nothwendigen Hälfte seiner Hauptwirkung. Der Künstler, der eine Bildsäule, einen Tempel, ein Schild dahin stellt, redet durch diese in natürlichen Zeichen und er hätte seine beste Wirkung verfehlt, wenn diese Zeichen nicht schon durch sich befriedigend auf den lebendigen Menschen genugthuend wirkten. Was die Schrift dem Kunstdenkmal hinzuthun kann, gehöret nicht eigentlich zur Kunst, die durch sich spricht und in willkührlichen Zeichen der Rede sehr unvollkommen dargestellt würde. Meistens ists also nur ein historischer Umstand, der zwar zum äußern, nicht aber eigentlich zum innern Verständniß des Denkmals gehöret, indem er sein Wesen nicht aufschließt, sondern nur seine Geschichte erläutert. Kurz, warum wollen wir des Denkmals erwähnen,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_111.jpg&oldid=- (Version vom 30.7.2017)