Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung | |
|
oder an den eigentlichen Begrif des Todes sollen wir bei diesen Genien gar nicht denken; diesem Begrif wollte man vermittelst ihrer eben entweichen. Sie waren nichts als ein Euphemismus der Kunst, den man über den Tod auch in der Sprache liebte: denn was sagen diese zwei Jünglinge anders als was so viele Grabschriften sagen: e)[1] somno perpetuali, aeternali, quieti aeternae, dem ewigen Schlaf oder wie die Griechen auch sagten: dem langen, heiligen Schlummer. Lassen Sie uns m. Fr., in diesem Gesichtspunkt bleiben und wir werden nicht nur diese beiden Jünglinge im rechten Licht sehen, sondern auch Platz gewinnen, eine Reihe andrer schöner Vorstellungsarten zu bemerken, womit Griechen und Römer sich das Andenken des bittern Todes versüßten oder verscheuchten.
Zuerst bemerken wir, daß unter diesen beiden Jünglingen der Schlaf eigentlich der Hauptgenius
- ↑ e) Callimach. epigr. 14. 21. Gori. Inscr. I. p. 384. Bellori Luc. p. 9. Fig. 8. et ibi cit.
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_312.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)