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Unglücklicher Weise hat man auch bei Särgen und Leichensteinen so manches in dieser Geschichte grübelnd gedeutet, das gewiß eine offnere Gestalt annehme, wenn wir die Fabel von einem ältern Schriftsteller erzählt besäßen. So glaube ich z. B. nichts davon, daß wenn ein Vogel den Schmetterling aufhascht, dies die Seelenwanderung bedeute a)[1] oder daß wenn die Genius ihn mit seiner Fackel berührt, er damit die Seele durchs Feuer reinige. b)[2] Viel eher deutet jenes entweder die mancherlei Zufälle an, denen man die abgeschiedne Seele ausgesetzt glaubte c)[3] oder daß ein günstiger Bote der Götter, deren gemeines Sinnbild die Vögel waren, d)[4] sie hülfreich aufnehme und zum Ort ihrer Bestimmung


  1. a) Spon. Miscell. p. 8.
  2. b)Winkelmanns Allegorie S. 78.
  3. c) Animula vagula, blaudula, quae nunc abibis in loca? &c. Oft sucht der Genius den Schmetterling auf der Erde mit seiner Fackel oder einer Leuchte, wie im Dunkeln.
  4. d) Virgil. Aen. L. VI. nota Heyn. et al. al.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)