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Sie können leicht denken, m. F. daß alle diese Mißbräuche nicht Wurzel gefaßt hätten, wenn die Denkart der Nordländer, in der von Natur keine schöne Bilder schwebten, sie nicht begünstigt und das Schauderhaft-Greßliche dem Wohlgeordneten vorgezogen hätte. In unserm Todesbilde sind zwei einander widersprechende Wesen, die Zeit und das Bild eines Leichnams vereinigt, deren Jedes die Alten kannten, jedes aber für sich und in sich selbst bestehend brauchten. Die Zeit schlich mit gefesselten Füssen als ein krummer Greis daher: a)[1] ihr gehörte das Stundenglas und die Sense. Das Bild vom Mähen brauchten sie auch als ein Symbol der Vergänglichkeit auf Todtenmahlen; b)[2] da waren es aber Schnitter, die da mäheten, keine Gerippe: denn diese können ihrer Natur nach weder mähen noch die Stunden


  1. a) Montfaucon comp. Semler. tab. 2. fig. 2. aus Maffei. Winkelmanns Allegorie S. 86.
  2. b) Fabretti inscr. p. 334.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_371.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)