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und Composition der Bilder Lehrer unsres Geschmacks zu seyn nicht begehren? Beim feingebildeten Sadi ist der Fall solcher Bilderhäufung viel seltner, als in andern, zumal Arabischen Dichtern; und doch zweifle ich, ob er, ganz übersetzt, für uns ein durchhin lesbares Buch seyn würde. Eben die Zusammenreihung scharfsinniger Gedanken und Sentenzen die die Morgenländer als eine Perlenschnur lieben, ist uns fremde; wir lösen lieber die Schnur auf und gebrauchen ihre Kleinode einzeln.

Ferner. Der Morgenländer liebt, wie in Kleidern, so auch in Sprüchen, helle Farben: sein heiterer Himmel verlangt dieselbe; er kann das Grau und Schwarz nicht ertragen. Auch der Geschichte webt er also helle Bilder, z. B. der Nacht, des Morgens, des neuen Jahres, der Pracht, des Aufzuges ein, wie die Geschichte des Nadir-Schach, des Tamerlan u. a. zeiget. Bei Sadi ist dies zwar der Fall nicht so häufig; er erzählt so einfach als Aesop und Lockmann seine Geschichte; wo er indessen die Stimme erhebt,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_148.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)