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3. Zeiten die Feudal- Kriegs- und Forstgesetze Wilhelms des Eroberers erneuern wollen, wo wäre es jetzt?

Alle Stände und Einrichtungen der Gesellschaft sind Kinder der Zeit; diese alte Mutter gebahr, nährte, erzog sie; sie schmückte, stattete sie aus, und nach einem langen oder kurzen Leben begräbt sie sie, wie sie sich selbst begräbt und wieder verjünget. Wer also sein Daseyn mit der Dauer eines Standes oder einer Einrichtung verwechselt, macht sich selbst unnöthige Plage; was vor Dir war, wird auch hinter Dir seyn, wenn es seyn soll. Handle, so viel an Dir ist, klug und weise; ihren grossen Gang wird die Zeit gehen und das Ihrige vollenden. Du für Deine Person, sei mehr als dein Stand ist: so wirst du in ihm, er altre wie er wolle, für dich selbst und für andre stets jung seyn, ja in der dunkleren Nacht wirst du als ein helleres Gestirn glänzen. Wer sich nicht über die Brustwehr seines Standes erhebt,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_393.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)