Seite:Deutscher Liederhort (Erk) 043.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

17.
‚‚‚Ei schweig, mein Mütterlein, stille,

hab daran kein Unwillen!
sie redt es nicht aus falschem Grund,
sie ist todtkrank zu dieser Stund.‘‘‘

18.
Man leuchtet der Braut zu Bette,

vor Unmuth sie nichts redte,
mit brennenden Kerzen und Fackeln gut,
sie war traurig und ungemuth.

19.
Man leuchtet der Gräfin schlafen

mit Rittern und mit Grafen,
mit Rittern und mit Reutern,
mit lauter Edelleuten.

20.
„Graf Friedrich, edler Herre,

so bitt ich euch so sehre,
ihr wollt thun nach dem Willen mein,
laßt mich die Nacht ein Jungfrau sein!

21.
„Nur diese Nacht alleine,

die andern fürbaß keine;
wo mir Gotts Will das Leben gan,
bin ich fürbaß euch unterthan.“

22.
‚‚‚O allerliebste Gmahle mein!

der Bitt sollt du gewähret sein;
mein Schatz, mein Trost, mein schönes Lieb!
ob deinem Schmerzen ich mich betrüb.

23.
‚‚‚Du auserwählte Kaiserin!

nun muß Gott ewig klaget sein;
solltest du durch mich leiden Pein,
des muß ich ewig trostlos sein.

24.
‚‚‚Du herzigs Lieb, mein höchster Hort,

ich bitt dich, hör mich nur ein Wort!
hab ich dich tödtlich wund erkennt,
verzeih mir das vor deinem End!‘‘‘

25.
„Ach allerliebster Gmahl und Herr,

bekümmert euch doch nicht so sehr!
es sei euch Alles verziehen schon,
nichts Arges habt ihr mir gethon.“

26.
Sie kehrt sich gegen der Wände

und nahm ein seligs Ende;
in Gott endt sie ihr Leben fein
und bleib ein Jungfrau keusch und rein.

27.
Zu Morgens wollt sie haben

ihr Vater reichlich begaben,
da ward sie schon verschieden
in Gottes Namen und Frieden.

28.
Ihr Vater fragt all Umstände,

wie sie gnommen hätt ein Ende?
Graf Friedrich sprach: ‚‚‚Ich armer Mann
bin, Gott seis klagt! selbst schuldig dran.‘‘‘

29.
Der Braut Vater sprach in Unmuth:

„Hast du verrērt ihr junges Blut,
so mußtu auch darum aufgeben
durch meine Hand dein junges Leben!“

30.
In dem so zog er aus sein Schwert,

erstach den edlen Grafen werth
mit großem Schmerzen durch sein Leib,
daß er todt auf der Erden bleib.

31.
Man band ihn an ein hohes Roß,

man schleift ihn durch das tiefe Moos,
darin man seinen Leib begrub;
kürzlich zu blühen er anhub.

32.
Es stund bis an den dritten Tag,

da wuchsen drei Lilgen auf seinem Grab,
darauf da stund geschrieben:
er wär bei Gott geblieben.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_043.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)