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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

9.
Die Nonn stand an der Seit,

sie hört die Red mit Freud:
„Gut Nacht, ihr Schwestern alle!
den Habit laß ich fallen,
mit dem Ritter zieh ich fort.“ –

10.
Wer hat das Lied erdacht

und auch zugleich gemacht?
Es hats erdacht eine Nonne,
die erst ins Kloster ist kommen
vor einem Vierteljahr.


(Vgl. Hoffmann’s v. F. u. E. Richter’s „Schlesische Volkslieder mit Melodien. Leipzig, 1842.« S. 32)

1, 3. Riechel, ein Blumenstrauß, woran man riecht. – 5. Kaum wars ein Vierteljahr, daß sie im Kloster war, verlachte sie den Orden; denn sie war reich geworden, den Ritter liebte sie. – 6, 1. Der Ritter der wurds gewahr, daß sie im Kloster war. – 7, 3. Die Aeltste kam gegangen; sie thut ihn schön empfangen, sie fragt ihn, was er wollt. – 8. Er fragt gleich nach der Neuen, die erst gekommen rein. „Ihr Haar sind abgeschoren, ihr Gelübd hat sie geschworen, den Habit trägt sie schon.“


18e. Das schöne grüne Haus.
(Karl Müllenhoff’s „Sagen Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg. Kiel, 1845.“ S. 491.)


1.
Es gieng ein Matros an einen Brunn

und schaut ins tiefe Thal;
was sah er in der Ferne?
eine wunderschöne Dam.

2.
„Guten Tag, guten Tag, schön Damelein!“

‚‚‚Schön Dank, du junger Matros!‘‘‘
Er bot dem Mädchen zu trinken,
zu trinken aus seinem Glas.

3.
Sie nahm das Gläslein in ihre Hand

und brachs in der Mitt entzwei:
‚‚‚Sieh hier, sieh da, du junger Matros,
hier hast du meine Treu!‘‘‘

4.
„Was soll ich mit deiner Treue thun?

was soll ich denn damit thun?
Du bist nur ein arme Dienstmagd
und ich bin ein junger Matros.“

5.
‚‚‚Daß ich nur ein arme Dienstmagd bin,

das wissen der Leute noch mehr:
Matrose, so du mich nicht haben willst,
hat Gott mir ein Andern beschert!‘‘‘

6.
Und als sie auf halbem Wege kam,

ihr Vater und Mutter warn todt:
da war sie das reichste Mädchen
in sieben Dörfern groß.

7.
Und als der Matrose das vernahm,

gieng er zum Bootsmann hin:
„Ach Bootsmann, ich muß reisen
nach meim Feinsliebchen hin!“

8.
Und als der Matros im Dorfe kam

vor ein schöns grünes Haus:
„Feinsliebchen, bist du darinnen,
so schau doch einmal heraus!“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_061.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)