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11.
Tanhuser gieng zur Kirchen uß

mit seim verzagten Härzen:
„Gott ist mir allezeit gnädig gsi,
iez můß ich vonem laßen.“

12.
Wan ēr fürs Chor hin uße käm,

begägnet ihm üsi liebe Frauen:
„Behüt dich Gott, du reini Magt!
dich darf ich nimmen anschauen.“

13.
Es gieng ummen eben drithalben Tag,

der Stab fieng an zu grůnen:
der Papst schickt uß in alli Land,
er ließ Tanhuser sůchen.

14.
Tanhuser ist iez nimmen hier,

Tanhuser ist verfaren!
Tanhuser ist in Frau Frenen Bärg,
wott Gottes Gnad erwarten.

15.
Drum sol kein Papst, kein Kardinal

kein Sünder nie verdammen;
der Sünder mag sein so groß er wil,
kan Gottes Gnad erlangen.

H. Frh. v. Aufseß’ „Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters etc. 1832. Erster Jahrg. München.“ Das. S. 239–242.)

1. Wele, welcher. gang, gehe. uße, hinaus. – 2. Wan, indem, da. inen, ihnen. – 3. weit, wollet. , geben. – 4. treit, trägt. ich gsehs, ich seh es. brun, braun. – 5. eegälten, entgelten. – 6. Frau Frene, Frau Venus. leit, legt. - 7. gee, gehn. bichten, beichten. bluoten, blutigen, blutenden. – 9. Dürri, Dürre, Trockenheit. – 10. kneuet, kniet. wellist, wollest. Vers 1. lautete wol ursprünglich: „Tanhuser viel in Crüzestal.“ (so Uhland II, 1032.) – 11. gsi, gewesen. vonem, von ihm. – 12. üsi, unsere. nimmen, nicht mehr. – 14. wott, wollt.


27a. Tanhäuser.
1.
Nun will ich aber heben an

von dem Danhäuser zu singen,
und was er hat Wunders gethan
mit seiner Frau Venusinnen.

2.
Danhäuser was ein Ritter gut

wann er wollt Wunder schauen;
er wollt in Frau Venus Berg
zu andern schönen Frauen.

3.
„Herr Danhäuser, ihr seind mir lieb,

daran sollt ihr gedenken!
ihr habt mir einen Eid geschworn:
ihr wöllt von mir nit wenken.“

4.
‚‚‚Frau Venus! das enhab ich nit,

ich will das widersprechen,
und redt das Jemand mehr dann ihr,
Gott helf mirs an ihm rächen!‘‘‘

5.
„Herr Danhäuser, wie redt ihr nun?

ihr sollt bei mir bebleiben;
ich will euch mein Gespielen geben
zu einem stäten Weibe.“

6.
‚‚‚Und nähm ich nun ein ander Weib

ich hab in meinen Sinnen:
so müßt ich in der Höllen (Hellen) Glut
auch ewiglichen brinnen.‘‘‘

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_086.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)