verschiedene: Die Gartenlaube (1861) | |
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Vom hellen Sonnenlicht geblendet steht es unschlüssig in der dunkeln Röhre, den langen Hals hin und her reckend. Es ist augenscheinlich höchst unzufrieden mit dem Ausgang der Affaire, denn es hat bis jetzt nur das Nachsehen gehabt und kann gar nicht begreifen, wo alle Kaninchen geblieben sein mögen! – Jetzt kriecht es vorwärts, mit dem Bauch am Boden windet es sich langsam wie eine Schlange durch das hohe Heidekraut und blinzt mit den blöden rothen Augen. Da trifft es zufällig mit der Nase gegen ein todtes Kanin und diese Berührung wirkt auf das träge Geschöpf wie ein Zauberschlag. Mit Blitzesschnelle fährt es plötzlich dem todten Kanin ins Genick und hängt hier, wie ein saugender Blutegel, so fest, daß es sich mit seiner Beute hoch vom Boden heben läßt. Gewiß das schlagendste Bild des nächtlichen Raubthieres, wenn auch nur en miniature! –
Die Garne werden nun abgenommen, gezählt, gesäubert und der Länge nach in gleiche Bündel zusammengefaßt, um der so leicht entstehenden Verwirrung des Fangzeuges vorzubeugen. Dann geht’s weiter zum nächsten Bau.
Allein nicht immer geht’s beim Frettiren so lustig her! – Oft bleibt das Frettchen schon im ersten Bau sitzen und kommt erst nach Sonnenuntergang, mitunter gar nicht wieder zum Vorschein. Es hat dann meistens ein Kanin in einer blinden oder Sackröhre überrumpelt und hält nun, nach reichlicher Mahlzeit, in aller Seelenruhe seine Siesta, ohne sich um die Jagdgesellschaft weiter zu bekümmern. Nach halbstündigem Warten, Locken und Pfeifen greift man zu energischern Mitteln, als da sind: blinde Schüsse und das Anzünden losen Schießpulvers in der Röhre, worauf das übliche Dämpfen oder Ausräuchern folgt. Zu diesem
Zweck werden ganze Haufen von Reisig und trocknem Farnkraut
vor den Röhren aufgestapelt und in Brand gesetzt. Sämmtliche
Mitglieder der Jagdgesellschaft beeilen sich, den aufsteigenden Qualm
mit Tüchern und Zweigen in den Bau zu treiben; Alles vergebens!
die Röhren wollen nicht ziehen, und hartnäckig kehrt der erstickende
Rauch zur Oberwelt zurück. Zuletzt kommt Einer auf die sentimentale
Idee, das Frettchen ausgraben zu wollen. Sofort werden
vom nächsten Bauernhöfe Hacken, Schaufeln und Spaten herbeigeschafft,
die jüngern Herren betheiligen sich lebhaft bei den
Erdarbeiten, und nach Verlauf einer Stunde ist ein Einschlag von
mindestens 6 Fuß Tiefe hergestellt, der sich rasch nach allen Richtungen
erweitert. Die Wahlstätte bietet nun etwa denselben Anblick, wie
das alte Bardowiek nach seiner Zerstörung durch Heinrich
den Löwen. Was geschehen konnte, ist geschehen, allein das Frettchen
ist und bleibt verschwunden.
Am andern Morgen bringt unser Jagdhüter das Frettchen zurück. Es ist allerdings todt – entweder im Qualm erstickt oder von einem einfältigen Tagelöhner im Walde erschlagen.
Es läßt sich indeß manches thun, um derartige Erfahrungen zu vermeiden. Zunächst operire man immer mit zwei Frettchen abwechselnd und reiche denselben vor der Jagd keinerlei fettes Futter, dagegen so viel warme Milch, als sie nur saufen mögen.
Bleibt eins sitzen, so kann man versuchen, es mit einem Stückchen rohen Fleisch, an der Spitze einer langen Gerte befestigt, anzukirren. Gelingt dies nicht, so stellt man das gewohnte Schlafkörbchen des Frettchens tief in die Eingangsröhre, verstopft diese, wie alle übrigen Röhren, sorgfältig und geht mit dem andern Frettchen weiter. – Oft schon nach einigen Stunden, spätestens
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 701. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_701.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)