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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

Es thut mir leid, daß, bei der persönlichen Hochachtung, welche ich, mein Herr Präfect, für Ihre Person hege, ich Ihnen diese Erklärung auch noch mit der Bemerkung machen muß, daß die wegen Besetzung von Paris geschlossene Convenzion durch die genommenen Maaßregeln nicht verlezt wird, weil diese nur den Ungehorsamen und Gleichgültigen gegen unsere Anordnungen treffen.

Genehmigen Sie die wiederholte Versicherung meiner Hochachtung.

 (Gez.) Ribbentrop.“




Wilhelm Bauer’s Submarineschule und Pensionat am Bodensee. Die Anerkennung der Submarine liegt uns offenbar nicht mehr fern; dafür zeugen die fortwährend neu aufsteigenden Versuche in Amerika, Spanien und jüngst noch in Italien; dafür zeugt die riesenhaft wachsende Speculation für Ausbeute des Meeres sowohl nach versunkenen Gütern, als nach Erzeugnissen und Schätzen der Wassertiefen. Deshalb werden auch Wilhelm Bauer’s Erfindungen ihre Zeit finden, und ebendeshalb ist die Sorge des vielgeprüften Mannes gerecht: den reichen Schatz derselben nicht mit sich in’s Grab zu nehmen.

Wäre Wilhelm Bauer noch der rüstige Mann, der in Nord und Süd, am Glühofen und auf dem Meeresgrunde in eisiger Winterkälte rast- und furchtlos das Ziel seiner Erfindungen verfolgte, so würde er als Wanderlehrer von Stadt zu Stadt Jünger für sie zu werben suchen. So aber, seit Jahren von der Gicht, dem einzigen Ergebniß seiner Arbeiten, gefoltert und an den Rollstuhl gefesselt, muß er Diejenigen, welche Talent und Kenntnisse, Mittel und Muth genug besitzen, um als seine Schüler Apostel und Ausbeuter seiner Erfindungen zu werden, nun zu sich berufen.

Wilhelm Bauer eröffnet am ersten Mai 1872 bei Lindau am Bodensee einen mit einem Pensionat verbundenen Cursus über seine sämmtlichen Erfindungen. Der Instructions-Cursus umfaßt: die Taucherapparate und -Fahrzeuge für Kriegs- und Friedenszwecke, Taucherkammer für Perl- etc. Fischerei, Naturforschung, Unterwasserbauten etc., Submarine Telegraphie und Kabelstationen etc., Optische und akustische Warnungssignale für die Seefahrt, Submarine Bagger mit Paternoster, Rettungsboote mit und ohne Motionsmaschinen, Unterseeische Geschütze und Projectile, Submarine Fluß- und Hafensperrung, Revolverbatterien, Lasso gegen Petardboote, Selbstschreibende Compaßcontrole und Grundlothe mit Alarm etc. Alle Vorträge sind mit den nöthigen Experimenten verbunden, Modelle für Taucherboote, Schiffhebung etc. bereits vorhanden; kommt dazu eine Taucherkammer in Ausführung, so bieten der in zweihunderteinunddreißig Fuß Tiefe versunkene Postdampfer „Jura“, sowie die großen unterseeischen Grotten bei Meersburg und die Kabel des Bodensees interessante Gelegenheit zu Uebungen in der Führung eines solchen Apparats.

Jeder Theilnehmer an diesem Pensionat darf die bis in’s Detail auszuführenden Constructionszeichnungen für sich copiren und, mit Wahrung von Bauer’s Erfinderehre, zum eigenen Vortheil verwenden. Herr Bauer stellt es seinen Schülern und den Gesellschaften oder Regierungen, mit deren Hülfe sie seine Erfindungen ausführen, frei, ob sie ihm, beim Gelingen derselben, einen Ehrenlohn für die Erfindung geben wollen oder nicht. Herr Bauer rechnet zunächst auf deutsche, englische und amerikanische Schüler und wird darnach seine Vorträge in deutscher und englischer Sprache halten.

Näheres theilt ein Programm mit, welches bis zum letzten Januar kommenden Jahres, der Schlußfrist für die Anmeldungen, direct von „Herrn Submarine-Ingenieur W. Bauer, Theresienstraße Nr. 69 in München“ zu beziehen ist. Es erspart vielleicht viele vergebliche Schreiberei, wenn wir auch Herrn Bauer’s – für das Außerordentliche, das er dafür bietet, – höchst bescheidene Bedingungen angeben. Die Submarineschul-Pensionaire entrichten für die Pension (Wohnung, Kost und Wäsche) monatlich fünfzig Thaler, ebensoviel für die Instruction und verpflichten sich auf einen Cursus von sechs Monaten, der also mit Ende October schließt.

Die „Gartenlaube“ hat dieser Angelegenheit sich so eingehend angenommen, weil Wilhelm Bauer’s rastloses Streben, die anerkannten Erfolge, die er erzielt, und das Unglück, das ihn schließlich heimgesucht, dies verdient. Er ist in der That ein Invalide der Nation und theilnehmendster Berücksichtigung werth. Er selbst schreibt uns: „Nur der Gedanke, daß jetzt so viele junge Männer im Dienst für das Vaterland und dessen Ehre in ähnliche traurige Lage versetzt wurden, hält mich noch aufrecht, denn ich glaube, daß auch ich dem Dienst für das Vaterland erlegen bin, nachdem ich über zwanzig Jahre fast ununterbrochen mit tausend Gefahren um das Leben für die Submarine gerungen habe.“

Möchten in Anerkennung dieses Verdienstes die deutschen Zeitungen dies- oder jenseits des Oceans durch Abdruck dieser Mittheilungen das Unternehmen Wilhelm Bauer’s nach Möglichkeit unterstützen!




Bock’s Briefkasten.

An die Dummen, welche nicht alle werden. (Fortsetzung.) Gewissensbisse und die Einbildung, daß ihr Körper in Folge früherer geschlechtlicher Unarten durch und durch ruinirt sei, macht eine Menge junger Männer zu Gemüthskranken und treibt sie in die Arme gewissenloser Geldsauger. Diese Unholde wissen nämlich zuvörderst durch elende Schriften, mit haarsträubenden Beschreibungen der Folgen jener Unarten und mit schaudererregenden Krankengeschichten ihre Opfer in Angst und Schrecken wegen ihrer Zukunft zu setzen. Dann rathen sie natürlich den armen, in der Regel körperlich ganz gesunden Melancholikern, doch ja so bald wie möglich sichere Hülfe bei ihnen zu suchen und sofort drei Thaler für die erste Consultation einzuschicken. Ist nun der dumme Abergläubige in seiner Verzweiflung in die Falle gegangen, dann wird ihm durch Recepte und geheime Arzneien so lange Geld abgetrieben, bis er endlich klug, aber natürlich nicht gesund geworden ist, und zu einem ordentlichen Arzte geht, der ihn über seine Dummheit aufklärt und ihm eine vernünftige Diät anräth. Zu oberst in der Reihe der „Retter vor Gefahr und Schande“ stehen zwei Leipziger Schundbuch-Verleger, Bierey, Pönicke’s Nachfolger (Schulbuchhandlung) mit Retau’s Selbstbewahrung und Laurentius mit dem persönlichen Schutze. Der Erstere verlangt, daß jeder Patient seinem Briefe ein Honorar von drei Thalern für die Hauptconsultation baar hinzufüge; besser wäre es aber, meint er, wenn Patient für die etwa nöthig werdenden Medicamente lieber gleich noch weitere drei Thaler beilegte. In den allerschwersten Fällen, versichert er, sollen übrigens die Curkosten noch nicht ganz fünfzig Thaler erreichen. Von dieser edeln Schulbuchhandlung, welche in einem ärztlichen Bureau mit angeblich zwei renommirten Aerzten in Sachen der Selbstbewahrung brieflich arbeitet, wurden, wie sie selbst sagt, seit dem Jahre 1864 über fünfzehntausend Kranke behandelt. Sonach flossen, wenn jeder Patient nur drei Thaler einschickte, fünfundvierzigtausend Thaler und, wenn er lieber gleich sechs Thaler sendete, neunzigtausend Thaler aus der Tasche meist armer dummer Teufel in die Casse dieses moralischen Instituts. Herrn L. M. in N. ist auf wiederholtes Schreiben und Einsenden von sechs Thalern an die Schulbuchhandlung gleich gar nicht geantwortet worden. Es diene übrigens hiermit dem Herrn L. M. zur Nachricht, daß es, wie gesagt, alle derartige Schriften auf Geldprellerei abgesehen haben.

Laurentius wünscht auch dem ersten Briefe des Patienten drei Thaler beigelegt zu sehen und läßt dann durch einen gewissenlosen Arzt, den er, um wegen Medicinpfuscherei nicht wieder bestraft zu werden, stets an seiner Seite haben muß, dem Patienten ein tonisches Heilverfahren mit Hülfe seiner Kräftigungstinctur als ganz unerläßlich zur Heilung anrathen. Für diese Tinctur, welche hauptsächlich aus Chinin und Eisen besteht und höchstens zwanzig Groschen reellen Werth hat, müssen vierzig Thaler gezahlt werden. Wenn nun dem Patienten, nachdem er für vierzig Thaler Tinctur getrunken hat, die Augen über dieses stärkende Heilverfahren noch nicht aufgegangen sind, so läßt er sich noch eine Halbe für zwanzig oder lieber gleich noch eine Ganze für vierzig Thaler kommen und so kann ihm dann für seine sechszig bis achtzig Thaler ein wohlverdienter moralischer Katzenjammer nicht entgehen. Und dessen genösse er billig.

NB. Die Aerzte, welche im Dienste der Schulbuchhandlung und des persönlichen Schützers stehen und diesen in ihren sauberen Geschäften Hülfe leisten, sollten eigentlich mit ihren Namen an den Pranger gestellt werden. Vorläufig mögen sie sich mit meiner Verachtung begnügen.
Bock.
(Wird fortgesetzt.)




Lulustein auf dem Exercirplatz bei Saarbrücken. (Mit Abbildung.) Einen Denkstein der eigenthümlichsten Art hat jetzt wohl Deutschland aufzuweisen; es ist dies der Lulustein auf dem Exercirplatz bei Saarbrücken. Nach Angabe eines gefangenen Franzosen vom 2. August vorigen Jahres hat an dieser Stelle, wo jetzt der Stein steht, Napoleon seinen Sohn die erste Kanone abfeuern lassen. Hier empfing das hoffnungsvolle Kind von Frankreich die Feuertaufe. Hat er sich auch keine Lorbeern errungen, so wird doch dieser Stein zum ewigen Andenken an seine erste Heldenthat bestehen. Der Gedanke, hier einen Stein zu setzen, war der launige Einfall eines Reisenden, welcher die Schlachtfelder besuchte, und zwar eines Veteranen von 1814 bis 1815, Herrn H. H. Baumann aus Bremen. Auf dem Steine steht folgende Inschrift:

 Lulu’s
 erstes Debut
 2ten August 1870,
err. v. H. H. Baumann,
 Vet. v. 1814–1815.

Es vergeht kein Tag, wo nicht dieser Stein von Reisenden besucht wird. Es sind indeß bereits so viele Stücke davon abgeschlagen und aus den Pappeln so oft Andenken herausgeschnitzt worden, daß nächstens weder vom Steine noch von den Pappeln etwas übrig sein wird. Man hat von hier aus eine Aussicht auf St. Johann mit dem Bahnhofe und rechts Saarbrücken.

G. A.



Kleiner Briefkasten.

K. in L. Im vorigen Jahre schon sind die „Lustigen Werke“ des bekannten Kladderadatsch-Mitarbeiters Dav. Kalisch erschienen. Sie enthalten außer den gesammelten kleineren witzigen Beiträgen im Kladderadatsch auch die vielbekannten und vielgespielten Berliner Possen: „Berlin wird Weltstadt“, „Aurora in Oel“, „Der gebildete Hausknecht“, „Otto Bellmann“ – und werden also ganz Ihrem Zwecke entsprechen. Die fünf Hefte sind reich mit Illustrationen geschmückt und eine wahre Lachapotheke gegen alle Hypochondrie und Langeweile.

Den gewesenen Navigateur erster Classe in Gut Baldezen bitten wir um seine genaue Adresse: die hiesige Post hat die für ihn bestimmte Sendung zurückgewiesen, weil die Lage des Wohnortes des Adressaten nicht zu ermitteln war.

Frl. D. v. C. Unsere schriftliche, von allerdings unbetheiligter Seite herrührende Benachrichtigung hinsichtlich der von Ihnen jüngst in der Gartenlaube gestellten Frage werden Sie erhalten haben. Heute sind wir gebeten, auf diesem Wege folgende Zeilen an Sie gelangen zu lassen: „Ich danke Ihnen herzlich für Ihre freundliche Erinnerung. Gott hat mich wunderbar beschützt in diesem heiligen Kampf für Deutschlands Errettung und Wiedererstehung. Bitte um ein paar Zeilen resp. Ihre jetzige Adresse.

 Ulrich von Hutten, Major“

Diamanten-Herzog. Wir ersuchen den Verfasser des vorgenannten Artikels um genaue Angabe seiner Adresse, die wir leider verlegt haben.

W. P. in N. (Amerika). Senden Sie eine Probe ein.

F. H. in Wien. Ganz unbrauchbar und sofort in den Papierkorb versenkt.

Clara. Cora. Armida. Wie neugierig, kleine Schäkerinnen! Der kräftige Stil des Autors sollte Ihnen doch ausreichende Antwort geben.

J. R. in Wien. Das Kaulbach’sche Bild „Peter Arbuez“ wird schon in einer der nächsten Nummern der Gartenlaube erscheinen.

R. in L. Das Mutterherz hat sich geirrt. H. ist seit März nicht mehr in Leipzig.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 760. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_760.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)