Seite:Die Gartenlaube (1876) 882.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)


ausgerottet worden, wird sich diese Maßregel noch manchmal nothwendig machen, wenn sie auch nur in den seltensten Fällen zum Ziele führen dürfte.

Zur Ehre des Berliner Seelöwen und zur Erklärung des Hauptbildes möge übrigens noch zum Schluß hinzugefügt werden, daß das Thier keineswegs wild ist, sich schon sehr an seinen Wärter gewöhnt hat und demselben die Fische wie ein Hausthier aus der Hand frißt, wobei dieser nur darauf zu achten hat, daß sein Pflegebefohlener im Eifer die Hand nicht für eine Fortsetzung des Fisches hält.


Hülfe für Farbenblinde. Die „Gartenlaube“ hat seit mehreren Jahren die Aufmerksamkeit ihrer Leser wiederholt auf eine Mangelhaftigkeit des menschlichen Auges hingelenkt, die nach ihrem ersten Beschreiber, dem englischen Chemiker Dalton Daltonismus, jetzt aber allgemeiner verständlich und bezeichnend Farbenblindheit genannt wird. Wie störend der Mangel der Fähigkeit, Farben richtig unterscheiden zu können, für die von ihm Betroffenen sein könne, wurde schlagend mit einem Hinweise auf Eisenbahnbeamte dargethan, deren Unfähigkeit, grüne, rothe oder blaue Farbensignale zu unterscheiden, das größte Unglück herbeiführen kann. Aber auch für viele andere Berufsclassen ist sie von der einschneidendsten Wichtigkeit, weshalb hier eine nochmalige Besprechung derselben gestattet werden möge.

Nr. 34 der „Gartenlaube“ brachte eine Schilderung der Farbenblindheit von einem Farbenblinden, welche sich durch Deutlichkeit und Genauigkeit, natürlich von seinem Standpunkte aus, auszeichnete. Eine solche hat ihre großen Schwierigkeiten, da sich eben ein Farbenblinder nicht leicht in die Auffassung anderer Menschen finden kann, und umgekehrt ein Farbensehender selten in die des Ersteren, vielmehr Jeder von Beiden der Beihülfe und der Angaben des Anderen bedarf. Obwohl ich nun nicht selbst zu den Farbenblinden gehöre, bin ich doch in der Lage, von der anderen Seite her jene Schilderung betätigen zu können, da zwei meiner Söhne, im Alter von dreizehn und siebenzehn Jahren, genau in derselben Weise farbenblind sind. Namentlich deutlich ausgeprägt ist diese Mangelhaftigkeit bei dem Aelteren. Er kann grün, braun und roth einerseits, blau, lila, violett und rosa andererseits nicht voneinander unterscheiden, sieht Erdbeeren und Johannisbeeren nur in blassen unbestimmten Farben und kann ihre Reife nur vermuthen. Besonders auffallend ist noch, daß für ihn die rothe Farbe, nur durch einen geringen Unterschied getrennt, beiden Farbenreihen, welche ich die braune und die grau-blaue nennen möchte, anzugehören scheint, sodaß z. B. eine dunkelrothe Rose, frisch aufgeblüht, erst der ersten, sobald sie aber nur fast unmerklich verschossen erscheint, der zweiten Reihe angehört. Derselbe Baum scheint ihm sonach zweierlei gänzlich verschiedene Rosen zu tragen. Für ihn ist daher wohl das intensivste Saftgrün des Laubes mit Hochroth oder Blutroth, oder das schönste Himmelblau mit Rosa identisch, er wird aber niemals Carminroth oder Purpur mit Ponceau oder Blutroth verwechseln. Schwarz und weiß sieht er, wie jeder Andere, auch über helles Gelb ist er nicht im Unklaren, im Uebrigen aber unterscheidet er nur hell oder dunkel, doch so, daß ihm ein lichtes Grün heller erscheint, als Dunkelroth, wenn auch im Allgemeinen Roth heller als Grün. –

Wenn ich nun auch der Meinung bin, daß eine genaue systematische Beobachtung Farbenblinder nicht unwichtig für die Entwickelung der Farbentheorie überhaupt sein würde, so liegt mir dies für jetzt doch fern. Der Grund, weshalb ich mich mit meinen Farbenblinden melde, ist vielmehr der, daß ich im Stande zu sein glaube, nicht ein Heilmittel, wohl aber ein Verfahren angeben zu können, mittelst dessen den Farbenblinden ein genaues Unterscheiden der Farben möglich wird.

Als ich vor einigen Monaten meinen ältesten Sohn, der seit längerer Zeit an einer Augenlider-Entzündung litt, auf einige Tage nach Breslau zu Herrn Professor Dr. Förster schickte, geschah es zugleich in der Hoffnung, daß dieser berühmte Augenarzt im Stande sein werde, auch in Betreff der Farbenblindheit uns zu rathen. Diese Hoffnung ist denn auch nicht unerfüllt geblieben, und ich halte es nunmehr für meine Pflicht, das von ihm vorgeschlagene Verfahren in weiteren Kreisen bekannt zu machen.

Dieses Verfahren besteht einfach darin, daß der Farbenblinde sich bunter Gläser zur Betrachtung der Gegenstände, deren Farben er unterscheiden will, bedient. Von welcher Farbe diese Gläser sein müssen, das hängt jedenfalls von der Art der Farbenblindheit ab; in dem mir vorliegenden Falle sind ein grünes und ein rothes Glas die geeignetsten, und es ist in der That auch für nicht Farbenblinde überraschend, welche Unterschiede sich bei abwechselnder Betrachtung verschiedener Farben durch solche Gläser ergeben. So erscheinen alle rothen Blüthen, durch rothes Glas gesehen, hell feuerfarben, dem Farbenblinden aber fast weiß, durch grünes Glas aber dunkelbraun respective violett oder lila, selbst blau, je nach der Intensität und der Nüance des Roth. Umgekehrt sieht jedes Grün, durch grünes Glas gesehen, intensiv grün aus, durch rothes Glas dunkelbraun.

Ob nicht vielleicht zu deutlicherer Unterscheidung der zweiten Farbenreihe (blau-rosa etc.), namentlich für solche, bei denen die Farbenblindheit in dieser Richtung besonders stark ausgeprägt ist, eine blaues Glas mit Vortheil zu verwenden wäre, will ich dahingestellt sein lassen, doch drängt sich mir die Vermuthung auf, daß Farbenblinde durch systematische Benutzung bunter Gläser wohl dahin gelangen können, manche feine Unterschiede wahrzunehmen, manche Beobachtungen zu machen, welche den nicht Farbenblinden vollständig entgehen. Jedenfalls aber wird es mit Hülfe dieses Verfahrens, natürlich erst nach längerer fleißiger Uebung, auch den Farbenblinden möglich sein, nicht die Farben zu sehen wohl aber ihrem wirklichen Werthe entsprechend zu unterscheiden, und wie wichtig dies für’s praktische Leben ist, braucht nicht erst nachgewiesen zu werden. Auch giebt es gewiß weit mehr Farbenblinde, als man gewöhnlich annimmt, und zwar weil Manche es selbst nicht wissen, Andere sich nicht gerne als solche entdecken, aus Furcht sich lächerlich zu machen, manche Andere aber wohl auch dem ihnen bekannten Mangel wenig Gewicht beilegen.

Sollte es mir einerseits gelungen sein, durch Angabe dieses an sich so einfachen Verfahrens Farbenblinden zu Hülfe zu kommen, unsrerseits aber Optiker und Augenärzte zu eingehenden Prüfungen und Beobachtungen dieses interessanten Feldes anzuregen, so würde ich mich freuen, den Zweck dieser Zeilen erreicht zu haben.

     L.M.     



Die Sprengung in Hellgate. Unter den technischen Adjutanten des Generals Newton, Director des ganzen Werkes (siehe Nr. 46 der „Gartenlaube“), befanden sich auch verschiedene Deutsche. Unter diesen war auch ein ehemaliger bairischer Artilleriofficier Striedinger, welcher die Soldatenlaufbahn verließ, um sich vollständig dem seinen Neigungen und Fähigkeiten mehr entsprechenden Ingenieurfache zu widmen und welcher endlich in der neuen Welt eine ihm zusagende Stellung suchte und fand. Herr Striedinger war der Mann, welcher es ermöglichte, daß der zarte Finger eines Kindes in einem einzigen Augenblicke eine jahrelange harte Arbeit mit einem vollständigen Triumphe beschloß. Als Director der Vorkehrungen zur gleichzeitigen Zündung des allenthalben vertheilten Sprengstoffes hatte Herr Striedinger eine sehr verantwortliche Stellung, denn eine Unordnung in den Drähten, in den elektrischen Batterien konnte den Erfolg des ganzen Unternehmens in Frage stellen. Wie glücklich er seine schwierige Aufgabe gelöst, hat die durchaus den Berechnungen der Ingenieure gemäß sich vollziehende Sprengung bewiesen. Als Curiosum sei erwähnt, daß die zahlreichen Leitungsdrähte der unfern vom Sprengungsorte aufgestellten elektrischen Batterien dem durch den glänzenden Erfolg enthusiasmirten Publicum zum Opfer fielen, in unzählige Stücke zerschnitten als Andenken mit fortgenommen wurden und einen vielbegehrten Handelsartikel bildeten.


Ein neues Denkmal im alten Friedhof Münchens. (Mit Abbildung S. 869.) An der östlichen Seite der Umfassungsmauer des alten Friedhofs in München erhebt sich seit dem November d. J. ein etwa zwölf Fuß hohes Denkmal von schwarzem Marmor, geschmückt mit einer grün oxydirten Bronzeplatte, auf welcher eine schwebend dargestellte weibliche Gestalt, in der Linken Palette und Pinsel haltend, mit der Rechten einen Lorbeerkranz zu dem Todten in dem Grabe hinabzureichen scheint. Dieser Todte ist ein Unsterblicher: Wilhelm von Kaulbach. – Ein noch junger und doch schon durch gute Leistungen bewährter Künstler, Lorenz Gedon, hat das Kunstwerk im Auftrag der Wittwe des gefeierten, heimgegangenen Meisters vollendet.



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das vierte Quartal und der vierundzwanzigste Jahrgang unserer Zeitschrift, und beginnt mit nächster Nummer der

fünfundzwanzigste Jahrgang.

Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal des neuen Jahrgangs schleunigst aufgeben zu wollen, und verbinden damit zugleich die angenehme Mittheilung, daß für den nächsten Jahrgang an interessanten Erzählungen vorliegen:

Frühlingsstürme. Von Alfred Meißner. – Im Himmelmoos. Von Herman Schmid. – Gebunden. Von Ernst Wichert (Verfasser des Schuster Lange). – Aus gährender Zeit. Von Victor Blüthgen. – Hohe Fluth. Von H. Harring.

Von den demnächst erscheinenden belehrenden und unterhaltenden Artikeln heben wir vorläufig hervor:

Canossa. Von Professor Johannes Scherr. Mit Illustration. – Bilder aus Sibirien. Von A. Brehm. Mit Abbildungen. – Der Spiritismus und die wissenschaftliche Erklärung desselben. – Die Taufe eines Dichters. Actenmäßige Darstellung. – Aus den Erinnerungen eines russischen Publicisten. (Fortsetzung.) – Parlamentarische Photographien aus Versailles. Von Julius Walter. 1. Der rothe Prinz. 2. Gambetta etc. etc. – Aus den neuesten Indianerkämpfen: Die Verfolgung Sitting Bull’s. Originalbericht aus Green Bay W.




Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung.     



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 882. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_882.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)